Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Art. 35. Die Heeresorganisation nach der Verf.Urk. u. d. Reichsgesetzen. 561 
dieses unvermittelt neben das königliche Heer gestellten Volksheeres 
(welches nach § 2 des angeführten Gesetzes in jeder Gemeinde durch eine 
Abteilung vertreten sein sollte), kam darin zum Ausdruck, daß es sich seine 
Führer selbst wählte (§F 45 des Gesetzes). Als Teil der bewaffneten 
Macht hätte die Bürgerwehr einen Fremdkörper in dem streng monarchi- 
schen Organismus des preußischen Heeres bedeutet, der als solcher im 
Kriegsfalle unverwendbar gewesen und, abgesehen hiervon, durch die 
Einrichtungen der Landwehr und des Landsturms überflüssig gemacht 
worden wäre. Mit Recht ist die Bürgerwehr daher aus dem Heeres- 
wesen hinaus- und an eine andere Stelle des Staatsganzen verwiesen 
worden, wo sie allenfalls hingehören mochte: in das Polizeiwesen. 
Bei der Revision des Art. 104 oktrW (— 105 der rev V) wurde als 
Art. 105 Nr. 3 Abs. 3 der Satz ausgenommen: „Zur Aufrechterhaltung 
der Ordnung kann nach näherer Bestimmung des Gesetzes durch Ge- 
meindebeschluß eine Gemeinde-Schutz= oder Bürgerwehr eriichtet 
werden.“ Indessen ist das hier vorbehaltene Gesetz nicht ergangen und 
in der Folge wurde dem Art. 105 durch das Gesetz vom 24. Mai 1853 
(GS#228) eine veränderte Fassung gegeben, welche die „Gemeinde- 
Schutz= oder Bürgerwehr“ nicht mehr erwähnte (vgl. Bemerkungen zu 
Art. 105). Der Gedanke, unter diesem Namen eine allerorten vor- 
handene kommunale Ordnungsschutztruppe zu errichten, ist seither, nach- 
dem inzwischen die Ausführung des Bürgerwehrgesetzes vom 17. Oktober 
1848 (s. oben) durch das Gesetz vom 24. Oktober 1849 (GS 402) ein- 
gestellt worden war, in Vergessenheit geraten. Vgl. zu dem Vorstehenden 
auch vR 4 103 N. 4b. — 
Die Dreiteilung der bewaffneten Macht zu Lande (die Marine 
bleibt hier außer Betracht) in stehendes Heer, Landwehr und Land- 
sturm liegt auch den oben 559 angegebenen, an Stelle des Art. 35 
getretenen reichsrechtlichen Normen zugrunde. 
I. Die Organisation des stehenden Heeres ist in ihren Grund- 
zügen durch das RMilG vom 2. Mai 1874, im übrigen — auf Grund 
der in Art. 63 Abs. 4 RV enthaltenen Ermächtigung — durch keaiser- 
liche Verordnungen geregelt. Vgl. hierüber wie zum folgenden die 
Literatur des Reichsstaatsrechts (neueste Darstellung bei Laband, St R, im 
„Offentl. Recht der Gegenwart"“ (1909), 348ff.). Dem stehenden Heere 
gehört jeder wehrfähige Deutsche sieben Jahre lang, in der Regel vom voll- 
endeten 20. bis zum beginnenden 28. Lebensjahre an. Während dieses 
Zeitraums sind die Mannschaften der Kavallerie und reitenden Feldartillerie 
die ersten drei, alle übrigen Mannschaften die ersten zwei Jahre zum un- 
unterbrochenen Dienste bei den Fahnen verpflichtet (RV. Art. 59 in der 
Anschütz, Preuß. Verfassungs-Urkunde. I. Band. 36
	        
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