Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 23 (23)

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weiss und vielleicht das Gegenteil glaubt. Seine Unkenntnis des 
Umstandes, dass er sich ihnen nicht gemäss verhält, ändert auch 
dann, wenn ihm dessen Kenntnis nicht zugänglich war, daran 
nichts, wenngleich jene insbesondere als unverschuldete wesentliche 
Bedeutung hat für die Rechtsfolgen seines dem Rechte nicht 
gemässen Verhaltens. Dagegen ist ohne Bedeutung seine unrich- 
tige Meinung, sein Verhalten sei dem Rechte nicht gemäss. Es 
kann, wie unrechtmässig und doch redlich, so unredlich und doch 
rechtmässig sein, und während seine Redlichkeit die Folgen 
seiner Unrechtmässigkeit mildert, so ist seine Unredlichkeit seiner 
Rechtmässigkeit gegenüber ohne Bedeutung. So handelt unred- 
lich wer eine Sache sich aneignet, die er für eine fremde hält, 
also zu stehlen glaubt, während sie eine herrenlose und daher 
seine Aneignung derselben eine rechtmässige ist. 
Auch eine von dem Menschen, dessen Verhalten in Frage steht, 
erkannte Norm desselben hat dafür nicht notwendig bestimmende 
Bedeutung weil seinem Bedürfnisse, sich ihr gemäss zu verhal- 
ten, ein andres vorgehen kann. Habe ich das Bedürfnis, mich den 
Anforderungen meiner Gesundheit oder der Sitte gemäss zu ver- 
halten, habe ich aber wegen eines mir noch wichtigeren Bedürf- 
nisses ihnen bewusst zuwidergehandelt, so habe ich die dadurch 
übertretenen Normen zwar nicht verkannt, aber doch nicht be- 
folgt wegen einer für mein Bewusstsein ihnen vorgehenden Norm. 
Objekt einer Norm ist nicht etwa nur menschliches Ver- 
halten, sondern was immer eine bestimmte Bedeutung hat, die 
ihm um so mehr zukommt, je mehr es bestimmte Bedingungen 
erfüllt. So ist namentlich das ganze Leben nicht nur eines 
Menschen, sondern auch eines Tieres oder einer Pflanze um so 
normaler, je gesunder es ist oder je mehr es die Bedingungen 
seines Gedeihens erfüllt. Auch das unbewusste Leben hat den 
Trieb seiner Erhaltung und Förderung, also den Trieb ein nor- 
males zu sein und immer mehr zu werden. Je mehr das Leben 
ein bewusstes ist, desto mehr ist auch dieser Trieb ein bewusster,
	        
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