Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

352 Siebentes Buch. Finanzwesen. 
Helgoland. In § 2 des Gesetzes, betreffend die Vereinigung von Helgoland 
mit dem Deutschen Reich, vom 15. Dezember 1890 (R.-G.-Bl. 1890, S. 207) 
ist nämlich vorgeschrieben: „Mit dem Tage der Einverleibung in den preußischen 
Staat tritt die Verfassung des Deutschen Reichs, mit Ausnahme des Ab- 
schnitts VI über das Zoll= und Handelswesen, auf der Insel in Geltung. Zu 
den Ausgaben des Reichs trägt Preußen für das Gebiet der Insel durch Zahlung 
eines Aversums nach Maßgabe des Artikels 38 Absatz 3 der Reichsverfassung bei.“ 
Diese Ausschließung Helgolands aus dem Zollgebiete gründet!: sich auf Art. XII, 
Nr. 5 des zwischen dem Deutschen Reiche und England u. A. wegen Helgolands 
abgeschlossenen Vertrages, wonach der auf der Insel geltende Zolltarif" bis zum 
1. Januar 1910 nicht erhöht werden darf. Von dem genannten Tage ab stehen 
der Aufnahme der Insel in das Zollgebiet rechtliche Bedenken nicht entgegen. 
Ueber fernere Ausnahmen enthalten Art. 833, Abs. 1, Satz 2 und Art. 34 der 
Reichsverfassung Vorschriften. An ersterer Stelle heißt es: „Ausgeschlossen bleiben. 
die wegen ihrer Lage zur Einschließung in die Zollgrenze nicht geeigneten einzelnen 
Gebietstheile.“ Die hiernach von der Zollgrenze ausgeschlossenen Gebiete waren in 
Art. 6, Ziff. 1 und 2 des Zollvereinigungsvertrages vom 8. Juli 1867 (B.-G.-Bl. 
1867, S. 81) aufgezählt. Hierbei kam in Frage, ob der Einschluß solcher Gebiets- 
theile in die Zollgrenze durch Gesetz oder durch Verordnung erfolgen durfte und 
erfolgen darf. Da indeß Art. 6 des Vertrages vom 8. Juli 1867 zum Schlufse 
wörtlich lautet: „Der Bundesrath des Zollvereins beschließt alsdann (nämlich nach 
Aufhören der bezüglichen Gründe) über den Zeitpunkt, an welchem die Bestimmungen 
der Artikel 3 bis 5 und 10 bis 20 in diesem Staate oder Gebietstheile in Wirksam- 
keit treten“, da ferner nach Art. 7, Ziff. 2 der Reichsverfassung der Bundesrath 
die zur Ausführung der Verfassung, also auch des Art. 33, nothwendigen Ver- 
ordnungen zu erlassen befugt ist?, so muß angenommen werden und ist von der 
Praxis angenommen worden, daß Gebietstheile ohne Gesetz, ohne, ja selbst wider 
den Willen des betreffenden Bundesstaats, durch Beschluß des Bundesraths in das 
Zollgebiet eingeschlossen werden können". Hervorzuheben ist noch, daß nur wegen 
der geographischen Lage, nicht aus anderen Gründen, Zollausschlüsse zugelassen 
find. Sodann ist aus den Worten „ausgeschlossen bleiben“ zu folgern, was auch 
in der Praxis nie bestritten ist, daß aus Gebietstheilen des Deutschen Reiches, die 
innerhalb der Zollgrenzen liegen, neue Zollausschlüsse — außer durch ein Art. 33 
abänderndes Reichsgesetz — nicht geschaffen werden können. 
Von den in Art. 6 des Zollvereinigungsvertrages aufgeführten Zollausschlüssen 
sind die meisten inzwischen in das Zollgebiet eingeschlossen worden, so Altona 
durch Beschluß vom 22. Mai 1880, die untere Elbe bis Cuxhaven durch Be- 
schluß vom 14. Juni 1880 6. 
Art. 34 der Reichsverfassung lautet: „Die Hansestädte Bremen und Ham- 
burg mit einem dem Zweck entsprechenden Bezirke ihres oder des umliegenden 
Gebietes bleiben als Freihäfen außerhalb der gemeinschaftlichen Zollgrenze, bis sie 
ihren Einschluß in dieselbe beantragen.“ Zweifellos stellt diese Verfassungsvorschrift 
  
  
in den 
schlüsse zu beschließen, und zwar, wenn das Auf- 
Anlage 
hören des Ausschlusses an eine Bedingung nicht 
eknüpft war, ohne Beschränkung, wenn das 
lufhören des Ausschlufses von dem Eintreten 
einer Bedingung abhängig gemacht war, nach 
dem Eintreten dieser Sdingung. Denn der 
Mbten von Pollaueschlüssen ist begrifflich eine 
Maßregel zur Ausführung des Art. 33, Abf. 1 
der Vesfaffn , deren formelle Zulässigkeit nur 
in entgegenstehenden Sonderrechten ihre Grenze 
findet.“ S. auch Seydel, Comm., S. 226, 
Laband, II, S. 859, Zorn, II, S. 735 f. 
1 Siehe die amtliche Begründung 
Drucks. des Reichstages 1890, Nr. 145, 
Rd. II, S. 82. Z 
2 Nach diesem Tarif werden nur Zölle von 
Wein, Bier, Spiritus und Petroleum erhoben; 
siehe auch Seydel, Comm., S. 227. 
s Siehe oben S. 200f. 
4 Fürst Bismarck am 8. Mai 1880 in 
den Sten. Ber. des Reichstages 1880, S. 1270, 
Arndt, Verordnungsrecht, S. 98 f. Zutreffend 
bemerkt Delbrück, Art. 40 der Reichsverf., 
S. 46: „In Beziehung auf alle Zollausschlüsse 
git das gemeine Recht, und dieses auf den Art. 
, 34, 40 und 7, Nr. 2 der Reichsverfassung 
5 Ein Berzeichniß der noch vorhandenen Zoll- 
ausschlüsse bei v. Aufseß, in Hirth's Annalen 
b, S. . 
beruhende gemeine Recht ist die Befugniß des 189 
Bundesraths, über den Einschluß der Zollaus- 
 
	        
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