Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

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fähigleit beschränkt ist, ruht die elterliche Ge- 
walt (§8 1676 fl. # 
Das Rechtsverhältnis zwischen Eltern und Kin- 
dern kann nach dem B.G.B. in dreierlei Weise! 
begründet werden. 1. Durch die Eheschließung 
der Eltern vor der Zeugung oder wenigstens vor 
der Geburt der Kinder. Um unnütze Streitig. 
keiten über das Rechtsverhältnis der Kinder zu 
verhüten, hat das Recht eine Empfängnis- 
zeit angesetzt, die angibt, wann ein lebensfähiges 
Kind empfangen sein kann. Als gesetzliche Emp- 
fängniszeit gilt nach dem B.G.B. 8 1592, wie es 
bereits das römische Recht annahm, die Zeit von 
dem 181. bis zum 302. Tag vor der Geburt des 
Kindes. Seine Ehelichkeit wird innerhalb dieser 
Grenzen deshalb rechtlich vermutet (81591). Einen 
allgemeinen Grundsatz, wie das römische Recht 
ihn aufweist in den Worten: Pater est, duem 
nuptiae demonstrant, hat das B.G.B. nicht. 
2. Es kann auch durch Legitimation oder Ehe- 
lichkeitserklärung ein uneheliches Kind dem 
ehelichen rechtlich gleichgestellt werden. Sie ge- 
schieht nach dem B.G.B. (§ 1719) durch die ge- 
setzliche Eheschließung der Eltern. Voraussetzung 
ist natürlich, daß die beiden Ehegatten auch die 
wirklichen Eltern des Kindes sind. Ferner muß 
eine wirkliche Ehe zwischen den Eltern des un- 
ehelichen Kindes möglich sein. Auch die durch 
Justinian eingeführte legitimatio per rescrip- 
tum principis ist in das B.G.B. aufgenommen 
worden, indem nach § 1728 ein uneheliches Kind 
auf Antrag seines Vaters durch eine Verfügung 
der Staatsgewalt für ehelich erklärt werden kann. 
Vorausgesetzt ist hierbei die Einwilligung des Kin- 
des, oder falls es noch nicht volljährig ist, die 
seiner Mutter, und, wenn der Vater verheiratet 
ist, auch die seiner Ehefrau (§ 1726). Auch durch 
diese Ehelichkeitserklärung erlangt das Kind seinem 
Vater gegenüber vollständig die Stellung eines 
ehelichen (§ 1736). Der Vater hat also auch die 
Verwaltung und Nutznießung an dem Vermögen 
des Kindes zu beanspruchen, wie er anderseits für 
dessen Unterhalt aufzukommen hat. 
3. Elternverhältnis kann auch noch durch An- 
nahme eines Kindes an Kindes Statt 
(Adoptioy)rechtlich hergestellt werden. Die Ad- 
option kann sowohl von einem Ehepaar wie auch 
von einer einzelnen Person vorgenommen werden. 
Dabei wird vorausgesetzt, daß diese wenigstens 
50 Jahre alt und 18 Jahre älter als das anzu- 
nehmende Kind ist. Ferner darf sie keine ehelichen 
Kinder haben. Die Annahme hat durch einen 
Vertrag zwischen dem Annehmenden und dem An- 
zunehmenden zu geschehen. Der Vertrag muß ge- 
richtlich bestätigt werden. Wenn das Kind noch 
minderjährig ist, erlangt der Annehmende die elter- 
liche Gewalt über dasselbe, also auch die Ver- 
waltung und Nutznießung am Vermögen des Kin- 
des. Das angenommene Kind erhält die Stellung 
Eltern, Elterngewalt. 
  
eines ehelichen; jedoch begründet die Annahme an 
Kindes Statt kein verwandtschaftliches Verhältnis 
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zwischen den Verwandten der Adoptiveltern und 
dem Adoptivkind (88 1741 ff). 
Wie vom Standpunkt des Sittengesetzes aus 
ein Unterschied ist zwischen ehelichen und unehe- 
lichen Kindern, trotzdem die Tatsache der Zeu- 
gung bei beiden dieselbe ist, so behält auch die 
Rechtsordnung diesen Unterschied bei, zumal schon 
die Feststellung der Vaterschaft bei unehelichen 
Kindern mit vielen Schwierigkeiten verbunden ist, 
während anderseits der Satz gilt: mater semper 
est certa. Darauf bauen sich die gesetzlichen Be- 
stimmungen auf betreffs der rechtlichen Stellung 
der unehelichen Kinder (B.G.B. S§ 1705 ff). Das 
uneheliche Kind führt den Familiennamen der 
Mutter und steht nur zu ihr und ihren Verwandten 
im gleichen rechtlichen Verhältnis, also auch im 
Erbverhältnis, wie die ehelichen Kinder. Jedoch 
erhält die Mutter nicht die elterliche Gewalt über 
das Kind, trotzdem sie verpflichtet ist, für die Per- 
son des Kindes zu sorgen. Der Vater des un- 
ehelichen Kindes hat die Verpflichtung, jedenfalls 
bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres dem 
Kind den der Lebensstellung der Mutter ent- 
sprechenden Lebensunterhalt zu gewähren (Alimen- 
tationspflicht). Als Vater des unehelichen Kindes 
gilt derjenige, der in der gesetzlich bestimmten 
Empfängniszeit der Mutter beigewohnt hat. 
Für diejenigen Personen, die der sorgenden 
Elterngewalt bedürfen, ihr aber aus irgend einem 
Grund nicht unterstehen können, hat das Recht die 
Vormundschaft eingesetzt. Der Vormund ist 
gesetzlicher Vertreter seines Mündels und hat als 
solcher in dessen Rechtsangelegenheiten zu handeln, 
d. h. für die Person und die Vermögensverwal- 
tung des Mündels zu sorgen (B.G.B. 8 1793). 
Als Vormund für elternlose Minderjährige wird 
vom Vormundschaftsgericht bestellt, wer von den 
Eltern der Kinder letztwillig genannt wurde, oder 
aber die Großväter der Kinder. Falls diese ge- 
storben sind, hat das Gericht eine andere ge- 
eignete Person als Vormund zu berufen, wo- 
möglich eine verwandte oder verschwägerte. Auch 
ist bei der Auswahl auf das Religionsbekenntnis 
des Mündels Rücksicht zu nehmen (88 1776, 
1779). Für Volljährige wird ein Vormund be- 
stellt, sobald sie entmündigt sind (88 1896 ff). 
Überwacht wird der Vormund durch das Vor- 
mundschaftsgericht, und im Fall einer großen Ver- 
mögensverwaltung durch einen besonders bestellten 
Gegenvormund (8§ 1837, 1792, 1799). 
Das Recht und die Pflicht des Vormunds, 
für die Person des Mündels zu sorgen, richtet sich 
nach den Vorschriften über die elterliche Gewalt 
(* 1800). Dem Vormund jedoch, der nicht dem 
religiösen Bekenntnis angehört, in dem der Mündel 
zu erziehen ist, kann vom Vormundschaftsgericht 
die religiöse Erziehung des Mündels entzogen 
werden (6 1801). In der Vermögensverwaltung 
hat der Vormund dem Vormundschaftsgericht in 
regelmäßigen Zeiträumen Rechenschaft abzulegen 
und darf wichtigere Verfügungen nur mit Ge- 
 
	        
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