Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

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sorgen, sofern nicht anderweitig Bezüge für die- 
selben gesetzlich ausgeworfen sind. Für die Töchter 
des Landesfürsten hingegen hat dieser nur bei 
seinem Leben zu sorgen; nach seinem Tode hat der 
Nachfolger ihren Unterhalt zu übernehmen. Die 
neueren Hausgesetze bestimmen aber den Prinzes- 
sinnen für diesen Fall Renten aus der Staatskasse 
und setzen fest, von welchem Zeitpunkt an Prinzen 
und Prinzessinnen befugt sind, sich zu etablieren. 
Auch werden in diesen Gesetzen den Töchtern des 
Souveräns, denen nach dem älteren Recht bei 
ihrer Vermählung eine Abfertigung gewährt 
wurde, bei diesem Akte einmalige Abfindungs- 
summen aus der Staatskasse (z. B. in Bayern 
allen Prinzessinnen der königlichen Hauptlinie die 
Summe von 100,000 Gulden) ausgesetzt, und 
solche Abfindungen kommen auch zugunsten von 
Töchtern apanagierter Prinzen in gewissen Ge- 
setzen vor, wie sich in solchen auch Wittümer in 
Gestalt von Staatsrenten zugunsten der Witwen 
von Prinzen vorfinden. Vgl. hierzu für Preußen 
H. Schulze a. a. O. 430, für Bayern M. v. Sey- 
del a. a. O. 215 ff, für Württemberg v. Sarwey 
a. a. O. 294 f, für Baden Wielandt a. a. O. 42 ff. 
In Preußen bestehen nach H. Schulze a. a. O. 430 
solche unmittelbaren Rechte der nichtregierenden 
Mitglieder des königlichen Hauses auf Geldbezüge 
aus der Staatskasse, ohne daß sie schuldig wären, 
dem Staate dafür Dienste zu leisten, in keiner 
Weise; sie sind mit ihren Ansprüchen lediglich an 
den König als ihr Familienoberhaupt gewiesen; 
die standesgemäße Versorgung der preußischen 
Prinzen und Prinzessinnen ist „eine innere, auto- 
nomisch zu ordnende Angelegenheit des königlichen 
Hauses, um welche der Staat sich überall nicht 
kümmert“ (G. Anschütz a. a. O. 578). 
8. Erbfolge in das Privatvermögen 
Fürst usw. 
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männliche Sprossen des königlichen Hauses vor- 
handen sind, ausgeschlossen. In Sachsen aber 
(Hausgesetz von 1837 8§ 56 und 57) wächst das 
Privatvermögen, das der König vor der Thron- 
besteigung besessen, wenn er nicht darüber verfügt 
hat, ohne weiteres dem königlichen Hausvermögen 
zu. Über das von demselben während seiner Re- 
gierung Erworbene kann der Monarch sogar nur 
unter Lebenden verfügen. Auch haftet der Sou- 
verän aus den Privathandlungen seines Vor- 
gängers, nur insoweit er der Erbe desselben im 
Sinne des Zivilrechts geworden ist. 
9. Der Gerichtsstand der Mitglieder 
der souveränen Häuser. In den Zeiten 
des alten Reiches hatten alle reichsständischen Fa- 
milien ihr Forum vor den Reichsgerichten, und 
zwar in peinlichen wie in bürgerlichen Sachen. 
Gerichtshof auch für die Landesherren, die auch in 
Kriminalsachen verklagt, verurteilt und bestraft 
werden konnten, war der Reichshofrat. Seit Er- 
werbung der vollen Souveränität aber ist der 
Landesherr unverletzlich und somit auch unver- 
antwortlich, d. h. der Monarch kann weder für 
Regierungs= noch für Privathandlungen von ir- 
gend jemand zur Rechenschaft oder vor Gericht 
gezogen werden; dagegen ist der Zivilrechtsweg 
gegen den Monarchen als Privatmann nicht aus- 
geschlossen. Gegen die nichtregierenden Mitglieder 
des Fürstenhauses aber ist auch ein peinliches Ver- 
fahren möglich und zulässig. Doch wird laut Ein- 
führungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz vom 
27. Jan. 1877 8§ 5 ihr Gerichtsstand in pein- 
lichen Sachen auch jetzt noch lediglich durch die 
Haus= und Landesgesetzgebung bestimmt. Da aber 
die neueren Hausgesetze die Gerichtsbarkeit über 
die Mitglieder des regierenden Hauses als einen 
Ausfluß der Familiengewalt des Souveräns be- 
  
der Mitglieder der souveränen Häuser. trachten, so legen sie demselben die Befugnis bei, 
Hierzu zählt im Zweifel das bewegliche Vermögen, in Sachen der Mitglieder seines Hauses, soweit 
während das hausfideikommissarische Vermögen sie dieselben nicht den Gerichten überweisen, nach- 
nicht dazu gehört, solange noch ein regierungs- 
berechtigter Stamm da ist: hier galten und gelten 
noch die Bestimmungen des gemeinen Rechts, so- 
weit nicht hausgesetzliche Verfügungen entgegen- 
stehen. Nur die Souveräne (also die früheren 
deutschen Reichsstände seit 1806) selbst können 
vermöge eines von jeher aus dem Begriffe der 
Souveränität abgeleiteten Rechts nach Belieben 
über ihr Privatvermögen verfügen, ohne an die 
Formen und die materiellen Vorschriften des Zivil- 
rechts gebunden zu sein. Es finden sich in neueren 
Hausgesetzen eigentümliche Bestimmungen bezüg- 
lich des Erbrechts auch mit Bezug auf das Privat- 
vermögen der übrigen Mitglieder souveräner 
Häuser. So z. B. kann nach der bayrischen Ver- 
fassung von 1818, Art. III, § 1, Alinea 2, die 
Intestaterbfolge nur bezüglich des beweglichen Ver- 
dem die betreffenden Fälle in einer vorgeschriebenen 
Art und Weise instruiert sind, selbst zu entscheiden. 
Regelmäßig findet sich auch ein Familienrat ein- 
gesetzt, den der Herrscher entweder zuziehen muß 
oder nach seinem Dafürhalten zuziehen darf. Nach 
§2, Abs. 2 des Einf.Ges. zum Ger. Verf. Ges. von 
1877 gilt die gleiche Bestimmung auch in An- 
sehung der Mitglieder des vormaligen hannover- 
schen Königshauses, des vormaligen kurhessischen 
und des vormaligen herzogl. hessen-nassauischen 
Fürstenhauses. 
10. Sonstige Vorrechteder Mitglieder 
der souveränen Häuser. Sie genießen er- 
höhten strafrechtlichen Schutz; ihnen sind auch ge- 
wisse Vorrechte in betreff ihrer Vernehmung als 
Zeugen und ihrer Eidesleistung in Untersuchungs- 
sachen eingeräumt. In bürgerlichen Rechtsstreitig- 
  
mögens stattfinden und sind nach dem bayrischen keiten sind sie zum persönlichen Erscheinen an der 
Hausgesetz von 1819, Tit. V. § 3, die Prinzes-Gerichtsstelle nicht verpflichtet. Ihre Einvernahme 
sinnen sogar von derjenigen in das bewegliche als Zeugen findet in ihrer Wohnung statt, ebenso 
Vermögen des Mannesstammes, solange noch die Abnahme von Eiden; die Eidesleistung erfolgt
	        
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