451
tungen, dann für einzelne Handlungen ihrer Or-
gane bei Verwaltung ihres Amtes, welche für den,
der sie in Anspruch nehmen muß, zugleich von
einem gewissen Wert sind, mannigfaltige Ver-
gütungen, welche man unter dem Namen Ge-
bühren zusammenfaßt. Zur ersten Art gehören
die Gebühren für Benutzung von Schulen, Mu-
seen, Schlachthäusern, Volksbibliotheken, Lese-
hallen; zur zweiten Art die Gebühren für die
Genehmigungen und Beaussichtigungen auf dem
Gebiete der Baupolizei, für die Handhabung der
Ordnungs= und Feuerpolizei bei Märkten, Messen.
öffentlichen Aufführungen, Schaustellungen, Lust-
barkeiten, für Eintragung und Auszugserteilung
bei den Zivilstandsregistern, im Hafen-, Werft-
und Lagerhausverkehr, bei der Anrufung gemeind-
licher Gerichte. Ferner erheben die Gemeinden
behufs Deckung der Kosten für Herstellung und
Unterhaltung von Veranstaltungen, welche durch
das öffentliche Interesse erfordert werden, dabei
aber doch einzelnen Mitgliedern der Gemeinde be-
sondere wirtschaftliche Vorteile bringen, Bei-
träge zu den Kosten dieser Veranstaltungen; so
Gemeinde.
452
vermögen, daß er ohne Steuern auskommen kann,
in Preußen z. B. nur 670 von rund 50 000 Ge-
meinden. Daraus ergibt sich die hohe Bedeutung
des gemeindlichen Steuerwesens. Unter Gemeinde-
steuern sind diejenigen Geldbeträge zu verstehen,
welche die Gemeinde auf Grund ihrer obrigkeit-
lichen Gewalt von ihren sämtlichen Mitgliedern
nach festen allgemeinen Verteilungsgrundsätzen
zur Deckung des gesamten Gemeindeaufwandes
oder des Fehlbetrages desselben erhebt. An und
für sich steht der Gemeinde das gesamte System
der indirekten und direkten Steuern zu Gebote,
wie dem Staat, und selbständige gemeindliche
Steuereinrichtungen neben den staatlichen sind
nicht selten. Doch sind von Staats wegen oft be-
schränkende Bestimmungen getroffen, indem ge-
wisse Steuern aus finanzpolitischen Gründen dem
Staate vorbehalten, andere aus Rücksicht auf das
sallgemeine Staatswohl der Gemeinde versagt
werden. Meistens ist auch ein staatliches Geneh-
migungsrecht für die von der Gemeinde zu er-
hebenden Steuern vorbehalten.
5. Das rasche Anwachsen der Gemeindeaus-
die Beiträge für Anlage von Straßen, Plätzen gaben, welches bewirkt hat, daß die Höhe der Ge-
und Kanälen, welche von den anliegenden Grund= meindesteuern häufig die Höhe der Staatssteuern
eigentümern erhoben werden, ferner für die Be= um ein Vielfaches überstieg und die weitere Aus-
nutzung der Kanäle, für die Unterhaltung der dehnung des gemeindlichen Steuereinkommens
Straßenreinigungund Straßenbeleuchtung. Eigen= unmöglich wurde, hat dazu geführt, daß mehrfach
artig sind die Vergütungen, welche in Bade= und der Staat aus den staatlichen Mitteln den Ge-
sonstigen Kurorten von den Kurgästen erhoben meinden gewisse Beträge überweist, entweder
werden für die Herstellung und Unterhaltung ihrer für bestimmte Zwecke oder ohne Zweckbestimmung
zu Kurzwecken getroffenen Veranstaltungen (Kur-
taxen). Diese Einnahmen stellen sich vom wirt-
schaftlichen Standpunkt als Gegenwert, wenn auch
keineswegs als voller Gegenwert für die Leistungen
der Gemeinde dar. Vom staatsrechtlichen Stand-
punkt aus sind sie eine Gebühr, d. h. eine Abgabe
auf Grund des Besteuerungsrechts der Gemeinde,
welche im Anschluß an bestimmte Leistungen oder
Akte der Gemeindetätigkeit eingezogen wird, an-
statt wie die Steuern auf alle Gemeindemitglieder
nach gleichen Sätzen verteilt zu werden. Sie decken
häufig nur einen Teil der der Gemeinde durch die
einzelnen Akte verursachten Kosten. Ihr Ertrag
ist regelmäßig ein im Verhältnis zum gesamten Ge-
meindeaufwand geringer, in einzelnen Fällen aber
recht bedeutend. Die Höhe, in welcher solche Bei-
träge erhoben werden, sollte nicht übertrieben
werden, weil immerhin doch nicht nur die zur
Zahlung herangezogenen Grundbesitzer allein an
den betreffenden Veranstaltungen interessiert sind,
sondern auch alle andern Gemeindemitglieder,
und weil solche Beiträge einen Einfluß auf die
Höhe der Wohnungemieten nicht vermeiden lassen,
welher für die unteren Volksklassen unbillig sein
ann.
4. Soweit diese Einnahmen zur Deckung des
Gemeindebedarfs nicht ausreichen, ist die Gemeinde
angewiesen auf das Erheben von Steuern. Nur
ein kleiner Teil der Gemeinden hat in den zivili-
sierten Staaten Europas ein so großes Nutzungs-
zur allgemeinen Erleichterung der Gemeindelasten.
Eine teilweise innere Berechtigung gewinnen diese
UÜberweisungen, wenn man sie betrachten kann als
Entgelt für die Erfüllung derjenigen staatlichen
Aufgaben, welche der Staat der Gemeinde über-
tragen hat und welche diese für denselben und in
dessen Namen leistet. — Für Preußen kommt hier
zunächst in Betracht das von dem Abgeordne-
ten Freiherrn v. Huene vorgeschlagene Gesetz vom
14. Mai 1885 (lex Huene), nach welchem ein
Teil des auf Preußen entfallenden Betrages der
Reichsgetreide= und Viehzölle zunächst den Kreisen
und innerhalb dieser den Gemeinden überwiesen
wurde, und das Gesetz vom 14. Juni 1888 mit
Ergänzung durch Gesetz vom 31. März 1889,
nach welchem der Staat den Gemeinden aus all-
gemeinen Staatsmitteln einen Beitrag zu den den
Gemeinden obliegenden Kosten des Volksschul-
wesens leistet. Man kann diese Erscheinung, so
wohltätig sie auch für die derzeitigen Verhält-
nisse wirkt, vom rein theoretischen Standpunkt
aus nur als eine Anomalie betrachten. Man wird
sagen müssen, daß grundsätzlich der Staat nur so
viel an Steuern erheben soll, als er bedarf, da-
gegen aber den Gemeinden durch gesetzliche Ein-
richtungen die Möglichkeit bieten muß, ihren ge-
samten Bedarf selbst aufzubringen. Eine sub-
sidiäre Pflicht des Staates, leistungsunfähige Ge-
meinden allgemein oder zu einzelnen Zwecken zu
unterstützen — so für Schulzwecke, wie nach Preu-