Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

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Zeit der Militärangehörigen, insofern sie andern 
kirchlichen Obern unterstellt sind. Die territoriale 
Beschränkung für die Ausübung der bischöflichen 
Befugnisse erleidet gewisse Ausnahmen: in dem 
seltenen Fall, in welchem das Verweilen eines 
Bischofs in fremder Diözese durch äußere Gewalt 
veranlaßt ist, kann dieser unter Umständen sogar 
gegen den Willen des betreffenden dioecesanus 
bezüglich der Straf= und Disziplinarsachen seiner 
Diözesanen auch die nach außen tretenden Akte 
der kirchlichen Gerichtsbarkeit vornehmen (c. 20, 
X de foro comp. 2, 2). Eine andere Erweite- 
rung der Episkopalgewalt über jene Schranken 
hinaus tritt noch insofern ein, als sie sich auf 
Grund besonderer Vorkommnisse über Personen 
erstrecken kann, die einem andern Diözesanverband 
angehören. Es sind dies alle die Fälle, in denen 
nach der technischen Ausdrucksweise ein Spezial- 
forum, ein forum rei sitae, contractus, deliecti 
begründet wird. 
Die kirchliche Gewalt nach ihrer dreifachen 
Richtung als potestas magisterii, ordinis und 
iurisdictionis, sachlich beschränkt und inhaltlich 
bestimmt durch den Primat und räumlich begrenzt 
durch die Diözesanschranken und deshalb lokal 
fixiert, charakterisiert das bischöfliche Amt oder 
das ius episcopale, auch jurisdictio und com- 
petentia episcopalis genannt. Von den Befug- 
nissen, wie sie in dem bischöflichen Amte wurzeln 
und welche deshalb von dem Inhaber desselben 
ex iure ordinario und zwar proprio ausgeübt 
werden, sind die Befugnisse zu unterscheiden, welche 
gleichfalls dem Bischof zustehen, aber auf Grund 
eines ganz andern Titels, nämlich ex jure dele- 
gato, sei es daß sie ex lege ein für allemal, also 
dauernd, oder durch päpstliche Delegation nur 
zeitweilig verliehen sind. Von praktischer Wichtig- 
keit erweist sich diese grundsätzliche Verschiedenheit 
nur in dem Fall der Vakanz des bischöflichen 
Stuhles zur Beantwortung der Frage, welche Be- 
fugnisse auf das jeweilige Organ des interimisti- 
schen Diözesanregiments übergehen. 
Zu den Ehrenrechten der Bischöfe gehört 
es, daß sie einer allgemeinen Zensur oder Reser- 
vation nicht unterworfen sind, wenn dies nicht 
ausdrücklich in den betreffenden Bestimmungen 
erwähnt ist; daß sie in ihrer Wohnung eine Haus- 
kapelle haben und sich eines tragbaren Altars be- 
dienen können; daß ihnen innerhalb ihrer Diö- 
zesen selbst vor Erzbischöfen, mit Ausnahme ihres 
eigenen Metropoliten, der Vorrang zusteht; daß 
sie bei amtlichen Reisen durch den Klerus und die 
Gemeinden feierlich empfangen werden und für sie 
von allen Priestern der Diözese im Kanon der 
heiligen Messe Fürbitte eingelegt wird. 
Die bischöflichen Insignien sind: 1) der 
Ring, mit einem Edelstein geschmückt; 2) der ge- 
krümmte Hirtenstab, pedcum curvum oder ba- 
culus pastoralis; 3) das goldene Kreuz mit gol- 
dener Kette, crux pectoralis; 4) die Kleidung 
von violetter Farbe; 5) die Inful oder Mitra; 
Episkopat. 
  
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6) der Thronsessel mit über demselben angebrach- 
tem Baldachin in der Kathedralkirche. Der bi- 
schöfliche Titel ist: IIustrissimus et Reveren- 
dissimus Dominus; bei feierlichen Erlassen be- 
dienen sich die Bischöfe des Titels: Nos N. N. 
Dei misericordia et Sedis Apostolicae gratia 
Episcopus N. N., der um so bedeutungsvoller 
ist, als darin die Doppelstellung als Glied des 
Episkopats und als Diözesanbischof zum Ausdruck 
gebracht ist. Die gewöhnliche Anrede ist: Bischöf- 
liche Gnaden. Auch in den meisten Staaten, in 
denen die Kirche anerkannt ist, wird der hohen 
Würde der Bischöfe durch Beilegung eines höheren 
Rangs Rechnung getragen. In Osterreich haben 
einige Bischöfe den Fürstenrang und den Titel 
Fürstbischof, die andern den Rang eines Geheim- 
rats mit dem Titel Exzellenz. In Preußen haben 
sie den Rang eines Rates erster Klasse und stehen 
mit den Oberpräsidenten auf gleicher Stufe; im 
gewöhnlichen Geschäftsverkehr werden sie Bischöf- 
liche Hochwürden angeredet. Der Fürstbischof von 
Breslau steht trotz des Titels den andern Bischöfen 
dem Rang nach gleich. 
Die heutigen Weihbischöfe sind an sich 
und nach den Grundprinzipien der kirchlichen 
Rechtsordnung bemessen Bischöfe, wie sie im vor- 
stehenden charakterisiert erscheinen; indes nach 
Maßgabe der tatsächlichen Verhältnisse ist ihre 
äußere Stellung und Wirksamkeit eine radikal ver- 
schiedene, indem sie bei dieser in voller und all- 
seitiger Abhängigkeit von einem andern Bischof 
stehen und sich nicht ex iurisdictione propria 
betätigen, sondern immer nur in Vertretung und 
im Auftrag die Befugnisse anderer ausüben. Auch 
diese ihre Stellung und Wirksamkeit ist ja rechtlich 
geregelt, aber nur partikular-, nicht gemeinrecht- 
lich, da das Auftreten derselben durch lokal be- 
schränkte oder nur zeitweise dauernde Verhältnisse 
bestimmt wird. 
Wenn wir von vereinzelten Fällen im Orient 
absehen wollen, so treten die Weihbischöfe im 
heutigen Sinn zum erstenmal in Spanien im 
Verlauf des 8. und 9. Jahrh. auf. Die Er- 
oberung des südlichen Teils der Pyrenäischen Halb- 
insel durch die Mauren hatte die dortigen Bischöfe 
aus ihren Diözesen vertrieben. Sie suchten und 
fanden gastliche Aufnahme bei ihren Amtsbrüdern 
im Norden und bewiesen sich für die gewährte 
Gastfreundschaft dankbar, indem sie dieselben bei 
Ausübung ihres bischöflichen Amtes unterstützten. 
In der Hoffnung, daß die Rückkehr in die jetzt 
verwaisten Dibzesen früher oder später möglich 
werde, wurde im Fall des Todes eines solchen 
außerhalb seines bischöflichen Sprengels weilenden 
Bischofs an seiner Statt ein anderer auf das nun- 
mehr rechtlich erledigte Bistum konsekriert, und da- 
mit war dieser in seiner Betätigung als Gehilfe des 
betreffenden Diözesanbischofs rechtlich und tat- 
sächlich das, was unsere heutigen Weihbischöfe sind. 
Im 13. und 14. Jahrh. finden wir in fast allen 
Dibzesen Deutschlands Bischöfe fremder, zu- 
 
	        
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