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lichen Unterricht, die dem Staate seinem ganzen
Wesen nach nicht zuerkannt werden kann.
Den Rechten des Staates in Bezug auf die
Schule entspricht dann aber auch die Pflicht, das
Schulwesen finanziell zu ermöglichen und zu
fördern. Früher hat die Kirche ihre Schulen aus
ihren eignen Mitteln erhalten; wo die Kommunen
Schulen errichteten, haben sie im Verein mit der
Kirche für die Beschaffung der materiellen Mittel
gesorgt. Die Verhältnisse sind gegenwärtig andere
geworden; die Kirche hat ihr Vermögen verloren,
und die Schulstiftungen sind gleichfalls zumeist
untergegangen; es wird also, wo es notwendig
ist, der Staat mit seinem Zwang eingreifen
müssen, um die Kommunen zur Beischaffung der
notwendigen Geldmittel für die Schule anzuhal-
ten. Allerdings liebt man es, daraus, daß der
Staat das Geld gibt, sein Recht auf die Schule
abzuleiten. Aber nicht der Staat gibt das Geld,
sondern das Volk; die Staatsgewalt leiht nur den
„weltlichen Arm“, um gegebenenfalls den nötigen
Zwang auszuüben, wenn das Interesse der Schule
es fordert.
Mit diesen Rechten hat sich nun allerdings der
Staat nicht begnügt, wie wir bereits gehört haben.
Vielmehr hat die mit der Reformation begonnene
Verweltlichung der Schule teilweise schon im
18. Jahrh. zu einem regelrechten Staatsschul-
monopol geführt, dessen Theorie in direktem
Gegensatz zu den im Vorstehenden ausgeführten
Grundsätzen steht. Das Staatsschulmonopol legt
prinzipiell die Schule in die Hand des Staates,
indem es den Grundsatz aufstellt, daß die Schule
Sache des Staates sei und daß daher nur der Staat,
nicht auch die Kirche, die Oberaufsicht und Leitung
der Schule in Anspruch zu nehmen habe. Das
wesentliche Korrelat dieses Staatsschulmonopols ist
dann der Staatsschulzwang, insofern näm-
lich die Eltern gezwungen werden, ihre Kinder in
die Staatsschule zu geben, damit das Staatsschul-
monopol nicht durch den Willen der Eltern durch-
kreuzt werde. Nun trat das Staatsschulmonopol
anfänglich allerdings noch in milderer Form auf.
Die Schule galt doch immer noch als Erziehungs-
anstalt. Man gestattete anfänglich noch der Kirche
einen Einfluß auf die Staatsschule, bestellte sogar
kirchliche Personen zu Organen der staatlichen
Schulaufsicht. Die Kirche sollte das erziehliche
Moment in der Schule vertreten, während der
Staat die didaktische Aufgabe der Schule für sich
in Anspruch nahm. In solcher Weise sollte also
in der Schule ein gewisses Kondominium zwischen
Kirche und Staat obwalten, so aber, daß die Kirche
zur Pflege der erziehlichen Aufgabe bloß zugelassen
war, während der Staat die Oberleitung über das
Ganze der Schule führte.
„Notgedrungen mußte die Kirche diesen Ver-
hältnissen sich fügen, weil sie an ihnen nichts
ändern konnte. Die Staatsschule war da; die
Kirche konnte den Staat nicht zwingen, von seinem
Prinzip abzugehen. Um daher die christliche Er-
Erziehung.
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ziehung der Kinder in der Staatsschule nicht preis-
zugeben, hat sie sich der „vollendeten Tatsache“
anbequemt und mit dem Einfluß, den ihr der
Staat auf die Erziehung der Kinder in der Staats-
schule gewährte, vorläufig begnügt. Sie konnte
das tun, weil einerseits im Anfang die Tradi-
tionen der alten christlichen Schule noch fort-
wirkten, und weil anderseits dem Staat selbst noch
an einer christlichen Erziehung der Jugend etwas
lag, wie schon die Aufstellung kirchlicher Organe
zur Schulaufsicht bewies.
Andere Verhältnisse sind freilich in neuerer
Zeit eingetreten. Die moderne Pädagogik will
vielfach von einer Zulassung der Kirche in die
Schule nichts mehr wissen. Sie verwirft — und
das mit vollem Recht — den Grundsatz, daß Er-
ziehung und Unterricht in der Schule zu trennen
seien, und behauptet, daß, wer den Unterricht in
der Schule gibt, auch die Erziehung zu besorgen
habe. Man brauche somit die Kirche nicht mehr
zur Erziehung; die Erziehung sei vielmehr in der
Schule ebenso Sache des Staates wie der Unter-
richt. Die Kirche müsse daher aus der Schule
ausgewiesen und die erziehliche und didaktische
Funktion in der letzteren ausschließlich den mo-
dernen Staatspädagogen in die Hand gegeben
werden. Damit haben wir denn nun nicht mehr
bloß die Verweltlichung, sondern die völlige Ent-
christlichung der Schule, wie sie in Frankreich und
Italien bereits konsequent durchgeführt ist. Das
Staatsschulmonopol gipfelt folgerichtig in der
„Kommunalschule“, d. h. in einer solchen Schule,
die allen christlichen Religionsunterricht und alle
christlich-religiöse Erziehung ausschließt.
Das Prinzip des Staatsschulmonopols muß
aber, wenn es konsequent verfolgt wird, noch weiter
führen. Wenn der Staat die Erziehung und den
Unterricht der schulfähigen Kinder für sich allein
in Anspruch nimmt, so ist damit von selbst ge-
agt. daß der Staat auch entscheide über den
Zweck, zu dem Schulerziehung und Schulunter-
richt dienen sollen. Der Staat wird dann die
Kinder auch erziehen für seine Zwecke und
Interessen. Das ist aber ein Eingriff in das Er-
ziehungsrecht der Eltern; dieses wird dadurch aufs
äußerste beschränkt und geschädigt, ja es wird bis
zu einem gewissen Grad den Eltern entzogen und
für den Staat konfisziert. Auf diesem halben
Weg aber kann zuletzt die Konfiskation des elter-
lichen Erziehungsrechts von seiten des Staates nicht
stehen bleiben. Die Konsequenz muß schließlich bis
zum äußersten drängen, und dies um so mehr,
als, solange nur noch einiges von dem elterlichen
Erziehungsrecht stehen bleibt, die Pläne, die der
Staat in und mit seiner Schulerziehung verfolgt,
immer noch durchkreuzt werden können. Es muß
zuletzt notwendig zur vollständigen Konfiskation
des elterlichen Erziehungsrechts kommen, wonach
die Kinder als Staatseigentum betrachtet und da-
her schon von frühester Jugend an aus den Hän-
den der Eltern genommen werden, um in Staats-
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