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Exterritorialität. 1. Exterritorialität ist
die ausnahmsweise Rechtsstellung, der zufolge be-
stimmte Personen und Personengemeinschaften wie
auch zu denselben gehörige Sachen der souveränen
Gewalt (dem imperium) desjenigen Staates, in
welchem sie sich befinden, entrückt sind. Die ältere
Doktrin stellte die Rechtsfiktion auf, als ob Staats-
häupter und deren Abgesandte, welche im Ausland
verweilen, ihren Heimatstaat gar nicht verlassen
hätten. Sie sagte: fingitur eos extra terri-
torium (des Aufenthaltsstaates) esse oder fingi-
tur tamquam domi essent. Mittels einer der-
artigen Fiktion wollte man diesen Personen im
Ausland grundsätzlich und unbedingt die Unver-
letzlichkeit ihrer Person und die volle Handlungs-
freiheit gewährleisten, da im Mittelalter Ge-
fangennehmungen und Vergewaltigungen frem-
der Fürsten in andern Ländern nichts Seltenes
waren. Als mit der Zunahme der Verkehrsbezie-
hungen die Entsendung von Gesandtschaften, be-
sonders nach dem näheren und ferneren Orient,
immer häufiger stattfand, erschien der gesicherte
Schutz der an diesen Orten amtstätigen gesandt-
schaftlichen und konsularen Organe dringend ge-
boten. Indessen bedurfte und bedarf es einer ge-
künstelten Konstruktion, die im Völkerrecht nicht
minder verwirrend ist wie auf andern Gebieten der
Rechtslehre, gar nicht, um der Exterritorialität die
rechtliche Unterlage zu geben. Richtig wird man
sagen können, die Exterritorialität bestehe darin, daß
die Personen und Gegenstände, denen sie zukommt,
von der souveränen Gewalt des fremden Landes
entweder gar nicht, oder doch nicht in bestimm-
ten rechtlichen Beziehungen berührt werden. Die
Exterritorialität ist keineswegs ein privilegiertes
Staatsfremdenrecht, wie gelehrt wurde; sie ist
die freiwillige Einschränkung der Gebietshoheit
mit der Wirkung, daß sie die sog. exterritorialen
Personen und Sachen nicht oder nicht vollständig
ergreift. Art und Maß dieser Begrenzung der
Territorialgewalt zugunsten der Exterritorialen
können sehr verschieden sein. Die Gerechtsame der
exterritorialen Personen sind keineswegs unter allen
Umständen und überall die gleichen. Da die Frage
betreffs der Exterritorialität und ihres Umfanges
zumeist bezüglich der auswärtigen Missionen prak-
tisch wird und eine reiche privat= und strafrecht-
liche Kasuistik aufzuweisen hat, ist auch wissen-
schaftlich der Sitz dieser Materie die Lehre von den
Organen des völkerrechtlichen Verkehrs.
2. Exterritorial sind: a) der fremde Staat selbst;
b) das fremde Staatsoberhaupt; c) die diplo-
matischen Vertreter fremder Staaten; d) fremde
Truppenkörper sowie fremde Staatsschiffe; e) die
Jurisdiktionskonsuln und die Delegierten inter-
nationaler Kommissionen, allerdings mit beträcht-
lichen Einschränkungen.
Die Angehörigen der christlichen Mächte ge-
nießen in den nichtchristlichen Ländern auf Grund
der sog. Kapitulationen eine weitgehende Be-
freiung von der Gebietshoheit des Aufenthalts-
Exterritorialität.
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staates. In China sind die Niederlassungen der
Europäer (settlements, concessions) der chine-
sischen Justiz und Verwaltung entrückt.
Ad a) Aus der vollen Unabhängigkeit sou-
veräner Staaten folgt ihre Exterritorialität. Die
Ausübung der inländischen Gerichtsbarkeit gegen
einen auswärtigen Staat sowie gegen das Ober-
haupt eines solchen Staates ist ausgeschlossen.
Kein Staat kann vor die Gerichte eines andern
Staates gestellt werden, es sei denn daß es sich
um den ausschließlichen dinglichen Gerichtsstand
handelt oder daß er sich freiwillig der inländischen
Gerichtsbarkeit unterwirft. Um Vorgängen vor-
zubeugen, durch welche in die Souveränität frem-
der Mächte eingegriffen wird, indem Gerichte den
Rechtsweg gegen auswärtige Staaten für zulässig
erachten, ist in neueren Gerichtsverfassungsgesetzen
der obige in der völkerrechtlichen Praxis unbestrit-
ten anerkannte Rechtssatz ausdrücklich festgelegt.
Die Meinung, daß der Staat, soweit er nicht als
solcher, sondern als Fiskus oder als wirtschaftlicher
Unternehmer auftritt, den inländischen Gerichten
auch gegen seinen Willen unterworfen sei, läßt
sich schon wegen der Schwierigkeit der Abgrenzung
der staatlichen Interessengebiete praktisch nicht
halten. Auch privatrechtliche Streitigkeiten zwi-
schen selbständigen Staaten können nicht anders
als auf dem Wege gütlicher Vereinbarung oder
durch Schiedsspruch erledigt werden.
Ad b) Das Staatsoberhaupt ist im unein-
geschränkten Besitz der Repräsentativgewalt. Als
Inhaber derselben kann das Staatsoberhaupt
keiner fremden Willensmacht unterworfen sein,
auch nicht im Ausland. Es macht dabei grund-
sätzlich keinen Unterschied, ob es sich um einen
Souverän oder um den Präsidenten eines Frei-
staates handelt, ob letzterer in Staatsgeschäften
oder aus anderem Anlaß im Ausland verweilt.
Auf diese Eigenschaft zu verzichten, steht dem Be-
treffenden nur zu, wenn er sie an und für sich hat,
also den Herrschern selbst, nicht aber ihren Ge-
sandten. Auf Familienmitglieder des Staats-
oberhauptes findet die Exterritorialität so lange
Anwendung, als sie sich in Begleitung desselben
im Ausland aufhalten. Das gleiche gilt von
den zum Gefolge des Staatsoberhauptes ge-
hörigen Personen und von solchen Bediensteten
desselben, welche nicht dem Staate zugehören, in
welchem er zeitweilig Aufenthalt nimmt. Auf die
exterritoriale Stellung kann sich das Haupt eines
Staates nicht berufen, das in die Dienste eines
fremden Staates tritt. Eine solche Doppelstellung
kann zu Unzuträglichkeiten führen und hat einst-
mals unter den deutschen Kleinstaaten wiederholt
dazu geführt. Die dem Souverän zukommenden
Bevorzugungen gebühren mit Ausnahme der Titu-
latur auch den Reichsverwesern und Regenten, da
auch sie souveräne Organe ihres Staates sind. Mit-
glieder des regierenden Hauses haben auf Exterri-
torialität keinen Anspruch; doch wird sie, allerdings
nur aus internationaler Höflichkeit, der Gemahlin