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aber nur für die Zeit der Sedisvakanz, für welche
auf ihren Chef, den Camerlengo di Santa Ro-
mana Chiesa, bie gesamte weltliche Jurisdiktion
des Papstes übergeht. Ihm steht dann die Leitung
des päpstlichen Hofes, die Verwaltung der aposto-
lischen Paläste, Güter und weltlichen Rechte zu.
Insbesondere obliegt es dem Camerlengo, den
Tod des Papstes offiziell festzustellen, die notwen-
digen Anordnungen für das Konklave zu treffen
und die Befehle des Kardinalkollegiums auszu-
führen. Für seine Regierungstätigkeit sind jetzt
die in der Konstitution Vacante Sede Aposto-
lica vom 25.Dez. 1904 (Archiv f. kath. Kirchenrecht
LXXXIX11909] 494 ff enthaltenen Vorschriften
maßgebend. — Die Verfassung der Apostolischen
Kammer weist neben dem Camerlengo auf: den
Vizekämmerer, welcher der erste Prälat der Kurie
ist, gewöhnlich einer der in Rom residierenden
Titularpatriarchen, den Auditor generalis Ca-
merae Apostolicae (früher zur Ausübung der
Zivil-- und Kriminaljurisdiktion), den Thesau-
rarius (als obersten Finanzbeamten), ferner das
Kollegium der 8 Praelati Clerici Camerae,
welche mit dem Dekan an der Spitze die Mit-
glieder des Tribunal Camerae für alle Fiskal-
und Kammersachen bildeten, und endlich 3 Of-
fiziale, von denen einer die Sekretariatsgeschäfte
versieht (Sap. Cons. III 3; Index a. a.
133).
4. Die Secretaria Status verdankt ihre
Entstehung dem Ausschoung des politischen Ver-
kehrs im 15. und 16. Jahrh., der eine besondere
politische Behörde notwendig machte. Die oberste
Leitung derselben führte zunächst der sog. Kardinal-
nepot, der einige Staatssekretäre zur Seite hatte.
Als dann Ende des 17. Jahrh. der Nepotismus
als politisches System verschwand, trat an Stelle
des Kardinalnepoten der erste der Sekretäre als
Kardinal-Staatssekretär, der die diplomatischen
Geschäfte mit den auswärtigen Regierungen leitete.
In der letzten Zeit des Kirchenstaates war er zu-
gleich Ministerpräsident und Minister des Außern.
1870 verlor er zwar diese seine politische Stellung,
blieb aber gleichwohl der eigentliche Minister des
Papstes, zuständig zur Leitung der päpstlichen
Diplomatie wie überhaupt für den Verkehr des
päpstlichen Stuhles mit den Regierungen, für den
Erlaß der allgemeinen päpstlichen Kundgebungen
sowie für die Verleihung der Kurialämter und
päpstlichen Auszeichnungen und Orden. Pius X.
hat jetzt aber die Bedeutung des Staatssekretariats
noch in hohem Maße gesteigert. Denn es besteht
nunmehr aus drei Abteilungen, deren gemein-
schaftlicher Chef der Kardinal-Staatssekretär ist.
a) Die erste derselben ist die Abteilung für
die außerordentlichen Angelegenheiten
zur Vorbereitung der der Kongregation gleichen
Namens zu überweisenden Geschäfte. Sie steht
unter den beiden Sekretären der Kongregation
und zählt außerdem 5 Offiziale, die zugleich als Ver
Offiziale der Kongregation tätig werden.
Kurie.
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b) Die zweite ist die Abteilung für die or-
dentlichen Angelegenheiten zur Erledi-
gung der bisherigen Geschäfte des Staatssekre-
tariats, namentlich auch zur Verleihung der kirch-
lichen und weltlichen Auszeichnungen mit Ausnahme
derjenigen, die, wie z. B. der Monsignoretitel für
die päpstlichen überzähligen Geheimkämmerer, dem
Maggiordomo vorbehalten sind. Geleitet wird
diese Sektion von dem Substituten, dem 5 Offi-
ziale zur Seite stehen. Für das den ersten bei-
den Abteilungen gemeinschaftliche Archiv dienen
4 weitere Beamte.
Tc) Der dritten Abtkilung endlich obliegt die
Expedition der ihr von den verschiedenen Kon-
gregationen, besonders für Dispensen und Fakul-
täten, überwiesenen päpstlichen Breven. Das
bisherige, 1678 gegründete Brevensekretariat unter
einem Kardinal als Brevensekretär ist damit seiner
Selbständigkeit entkleidet und unter Entziehung
seiner ausgedehnten Vollmachten zur Erteilung
von Gnaden pro foro externo (z. B. die Dispens
vom Ordinationsalter, die Erlaubnis zur Errich-
tung von Privatoratorien, die Erteilung der Voll-
macht, Kreuze, Medaillen usw. zu weihen, vor
allem die ausschließliche Verleihung fast sämtlicher
Ablässe) im Interesse einer einheitlichen Verwal-
tung eine einfache Unterabteilung des Staats-
O. sekretariats geworden. Die Brevensektion zählt
außer dem Brevenkanzler als Vorstand 6 Offi-
ziale (Sap. Cons. III 4; Index a. a. O. 134).
5. Als die letzten Kurialbehörden sind schließlich
noch die zu einer Doppelbehörde vereinigten
Secretaria Brevium ad principes
und Secretaria Epistolarum latina-
rum zu nennen. Ihr Geschäftskreis, der an Be-
deutung weit hinter dem des Staatssekretariats
zurückbleibt, ergibt sich aus den Namensüber-
schriften. Sie stehen unter je einem Prälaten als
Sekretär, denen 2 bzw. 1 Offiziale beigegeben
sind (Sap. Cons. III 5; Index a. a. O. 135).
VII. Das Verfahren bei den Kurialbe-
hörden. Die Art und Weise, wie sich bei den
verschiedenen Kurialbehörden das Verfahren zu
gestalten hat, wird in eingehender Weise durch die
Einzelvorschriften des erwähnten Ordo servan-
dus geregelt. Für das Gerichtsverfahren bei den
beiden Tribunalen pro foro externo sind in der
Lex propria spezielle Bestimmungen gegeben
worden. Für manche Behörden, z. B. das Heilige
Offizium, die Propaganda, die Apostolische
Kanzlei und die Datarie sollen noch besondere
Geschäftsanweisungen ergehen.
Die gesamten Angelegenheiten, die an der Kurie
zur Behandlung kommen, sind entweder solche, die
eines strengen Prozeßverfahrens bedürfen (ne-
gotia stricte iudicialia), oder solche, die ohne
dieses erledigt werden können (negotia non
stricte iudicialia). Im letzteren Falle handelt
es sich dann wieder entweder um Disziplinar- und
iten, die ein verwaltungs-
gerichtliches Verfahren erfordern (Causae ordinis