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Am 16. Oktober rückte die Brigade v. d. Decken zwischen
die Brigade v. Wrochem und die 8. Kavalleriedivision ein,
zwischen Paß und Pawlowice. Die 38. Kavalleriebrigade
wurde als Reserve bei Popolowa bereitgestellt, die 23. Ka-
valleriebrigade sicherte von Pawlowice bis Ziegelei Pasi-
konie, die 40. Kavalleriebrigade anschliessend bis Sochaczew.
Die bleinen Orte sind nicht auf die Skizze gesetzt. Ihre
Lage ist auch ohnedem erkennbar. Nur die 40. Kavallerie=
brigade wurde an diesem Tage von schwachen Kräften
angegriffen, die Utrataübergänge blieben in der Hand der
Division, das Divisionsstabsquartier kam nach Teresin.
Der Generalfeldmarschall v. Hindenburg hatte die Ab-
sicht der Russen, seinen linken Flügel zu umwickeln, durch
einen energischen Vorstoß auf Warschau von Süden her
zunächst vereitelt. Aber sein rechter Flügel konnte sich bei
Iwangorod gegen die stark überlegenen Russen nur mit
Mühe halten, da die österreichisch-ungarische Offensive rechts
der Weichsel schon am Sanwinkel vor der russischen Über-
macht zum Stehen gekommen war.
Auch gegen Hindenburgs Mitte und linken Flügel ent-
wickelte der Feind allmählich aus den Festungen Nowo
Georgiewok und Warschau heraus eine fast vierfache Über-
legenheit. Hindenburg ließ die Russen erst gegen die starke
Linie Nawa—Skiernewice anlaufen und trieb sie dort mit
enormen Verlusten zurück. Inzwischen hatten aber die
Nussen von Iwangorod aus auch die links der Weichsel her-
beigceilten Österreicher zurückgedrängt und entwickelten in
der Nichtung auf die Lysa Gora immer stärbere Kräfte.
Dicht vor der Weichsel und den russisehen Festungen
stehend und von vierfacher russischer Uberlegenheit im
Weichselbogen umschlossen, löste Hindenburg rechtzeitig seine
Kräfte vom Feinde los und führte sie bis Ende Oktober
in die Linie Czenstochau—Sieradz zurück. Alle Bahnen,
Straßen und Telegraphen wurden gründlich zerstört, das
feindliche Nachdringen wurde empfindlich aufgehalten, die
Loslösung vom Feinde völlig erreicht.
Wir haben die 8. Kavalleriedivision am 16. Oktober an
der Utrata verlassen. In der folgenden Nacht besetzte der
Feind Orly vor der 40. Kavalleriebrigade, am Morgen des
17. Oktober überschritt starke feindliche Kavallerie die Bzura
bei Sochaczew in Richtung auf Jesiowka und nordwärts.
Die 8. Kavalleriedivision hielt trog der Bedrohung ihrer
linken Flanke bei Sochaczew aus und wehrte Frontangriffe
bei Pawlowice ab. Mittags traf eine Eskadron österreichischer
Schwarzenbergulanen bei ihr ein, dieser folgte bald die ganze
7. österreichisch-ungarische Kavallerietruppendivision, deren
Kommandant, Feldmarschalleutnant Corda, den Befehl über
das nunmehr aus beiden Dioisionen gebildete Kavallerie=
korps übernahm.
Die österreichisch-ungarische Division ging am 18. Ok-
tober beiderseits der Pisia bis Sochaczew vor und nahm
den Ort, dabei unterstützt durch die 38. Kavalleriebrigade
der 8. Kavalleriedivision. Mittags traf vom Armeeober=
kommando die Weisung ein, alle Bagagen westwärts ab-
zuschieben. Bereits am Nachmittag des 17. Obtober war
starke russische Kavallerie nordwestlich von Sochaczew in
Richtung auf Lowicz durchgebrochen. Sie zu zersprengen,
brach am 19. Oktober die 7. österreichisch-ungarische Ka-
vallerietruppendivision auf, während die 8. Kavalleriedivi-
sion noch die alte Stellung halten sollte. Die 38. Ka-
valleriebrigade besetzte den bisherigen österreichischen Ab-
schnitt von Orly bis Sochaczew, die Brigade v. d. Decken,
welche durch die 36. Infanteriedivision abgelöst wurde, rückte
binter den Abschnitt der 8. Kavalleriedivision als Reserve.
Heftiger Kampf entbrannte frühzeitig auf der ganzen Linie.
Von Orly drangen die Russen wesiwärts vor, ebenso bei
Sochaczew, das die Jäger der 8. Kavalleriedivision noch
bielten. Auch die 23. Kavalleriebrigade bei Pawlowice hatte
schweren Stand. Befehlsgemäß wurde dann im Laufe und
im Schutze der nächsten Nacht der Utrataabschnitt geräumt.
Am 2o. Oktober, 7 Uhr vormittags, stand die Division süd-
lich des Pisiaabschnittes, ohne daß der Feind den schwierigen
Abmarsch zu stören versucht hatte. Der mehrtägige Wider=
stand der Division an der Utrata hatte große Anforde-
rungen an Ausdauer, Wagemut und Disziplin gestellt. Die
schwache Division hatte den 13 km breiten Abschnitt mit
10 Geschützen gegenüber weit überlegener feindlicher Ar-
tillerie gehalten, Jäger und abgesessene Reiter hatten im
Schützengefecht Hervorragendes geleistet, die vorzüglich ge-
führte Artillerie sie dabei wesentlich unterstützt.
Die Landsturmtruppen der Brigade v. d. Decken waren
bereits am 19. Oktober bis Schimanow zurückgenommen
worden. Die österreichisch-ungarische 7. Kavallerietruppen-
division blieb bei Lowicz, die 8. Kavalleriedivision ging
befehlsgemäß am 2o. Oktober bis südwestlich der Sucha
zurück. Ihre Patrouillen blieben am Feind, der sehr vor-
sichtig nachfühlte und nur mit Kavallerie den Utrataabschnitt
an diesem Tage überschritt. Alle wichtigen Ubergänge waren
von den Pionieren der 38. Kavalleriedivision rechtzeitig
gesprengt worden. Die Division erreichte am Abend
Wola.
Am 22. Oktober verblieb die Armee in der tags zuvor
erreichten Linie. Das Kavalleriekorps sollte die feindliche
Kavallerie aus dem Felde schlagen und vereinigte sich hierzu
nördlich von Lowicz. Aber der Feind wich aus. Lowicz
blieb auch noch am folgenden Tage im Besitz der Ver-
bündeten.
Am 24. Oktober sollte das Kavalleriekorps Lowicz noch
solange als möglich halten. Das führte zu hartnäckigen
Kämpfen bei Lowicz. Dorthin wurde zunächst die Land-
wehrbrigade durch überwältigendes russisches Artilleriefeuer
zurückgedrückt. Die dortige Brücke wurde rechtzeitig durch
die Pioniere der Division gesprengt und die Diovision
ging nach harter Tagesarbeit an der Straße Glowno —
Strykow zur RNuhe über. Der Auftrag war glänzend
erfüllt, die Armeeflanke gesichert, der linke Flügel der Armee
hatte sein neues Marschziel unangefochten erreicht, der Besitz
von Lowicz nunmehr Zweck und Wert verloren. Nach drei
Wochen konnte wenigstens einem Teil der Division die
Bagage am Abend zugänglich gemacht werden.
Am 2s. Oktober ging die Division auf Strykow und
am 26. Oktober bis Ozorkow zurück, am 27. Oktober
blieb die Division in ihren Tagesquartieren, um den Huf-
beschlag zu erneuern, die Waffen instandzusetzen und ab-
zuschieben, was an Pferden und Material nicht mehr
genügte. Je ein Regiment beider Brigaden wurde auf
drei Eskadrons gebracht, ein Rittmeister von jeder säch-
sischen Brigade ging nach Sachsen zurück, um baldmög-
lichst mit einer frischzusammengestellten Eskadron zurück-
zukehren.
Der Feind folgte ganz vorsichtig weiter. Die eigne Armee
ging in kleinen Märschen weiter in die Linie Nowo Ra-
domsk—MWielun zurück, mit dem linken Flügelkorps (XI.Ar-
meekorps) über Lodz—LaskS—Wielun. Die ihm zugeteilte
Landsturmbrigade war am Ende ihrer Leistungsfähigkeit.
Auch der Zustand der Pferde verbot jede außergewöhnliche
Tätigkeit. Fast ohne Verpflegung und ohne Futter, mußte
sich die Division darauf beschränken, dem Feinde allzu
rasches Nachdrängen zu wehren. Am 3o0. Oktober erreichte
das XI. Armeekorps Lask und Szadek, das Kavallerie-
korps mit der 8. Kavalleriedivision das linke Ufer des Ner.
Am 31. Oktober ging es bis hinter die Warta in der all-
gemeinen Richtung auf Kalisch zurück. Der Feind folgte
bis Uniejow mit Infanterie und Artillerie, mit schwacher
Kavallerie bis Turek. Das Kavalleriekorp#s verhinderte wäh-
rend der nun folgenden Tage den Vorstoß feindlicher Ka-
valleriemassen auf Kalisch und gegen die rückwärtigen Ver-
bindungen des XI. Armeekorps. Dieses Korps war durch