Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

mentern 107 und 133 hörte vorübergehend schon am 
Vormittag die Drahtverbindung auf. Vom Regiment 133 
wurde die Verbindung durch Meldeläufer und zwei aus- 
gezeichnete Motorradfahrer aufrecht erhalten. 
Das rechte Nachbarkorps des XII. Reservekorps, das 
XlIV. Armeekorps, teilte mit, daß es bisher nicht angegriffen 
worden sei. Vom linken Nachbarkorps, dem VIII. Reserve- 
korps, kam die Mitteilung, daß dessen ganze Front unter 
stärkstem Feuer liege. Das feindliche Feuer steigere sich 
wiederholt zum Trommelfeuer. Unser Sperrfeuer verhin- 
dere aber die feindliche Infanterie, aus ihren Gräben zum 
Sturm herauszukommen. 
Die Meldungen bis 10, 3o Uhr abends ergaben beim 
Generalkommando des XII. Reservekorps folgendes Bild: 
Gegen die 23. Reservedivision hatte der Feind noch keinen 
Angriff angesetzt. Bei der 24. Reservedivision war der 
feindliche Angriff auf Aubérive im Keime erstickt worden. 
Der linke Flügel der Aubérivestellung, der anschließende 
rechte Flügel der Stellung von Reserve-Infanterieregiment 
104 sowie die Stellung von Reserve-Infanterieregiment 107 
hatten stark gelitten, insbesondere durch Lufttorpedos, welche 
Sprengmassen von loo Pfund herabgeschleudert hatten. 
Die hinter der Champagnefront entlang führende Bahn- 
strecke war bei Bazancourt (Skizze 16) nachhaltig zerstört, 
als Ersatz war ein Pendelverkehr mit Kolonnenfahrzeugen 
in äußerst geschickter Weise sofort eingerichtet worden. 
Die Stimmung aller am Kampf beteiligten Truppen 
blieb dauernd die beste. Die eigene Artillerie hatte trotz 
ihrer schweren Verluste an Menschen und Material vor- 
züglich gewirkt. Die deutsche Gasmunition erzielte sichtlichen 
Erfolg. Der diesseitige Munitionsverbrauch war auf 16759 
Schuß gestiegen. 
Ich möchte hier einige allgemeine Bemerkungen über 
die Verwendung von Gas im Stellungskampf einschieben. 
Wie aus der allgemeinen Darstellung der Schlacht schon 
hervorgeht, haben auch die Franzosen von Gazgeschossen, 
und zwar von Chlor= und Phosphorgasgeschossen während 
der Champagneschlacht ausgiebigen Gebrauch gemacht. Ihre 
Anwendung war nach dem Zweck eine verschiedene. Am 
25. September beschossen die Franzosen mit Gaygeschossen 
unsere vordersten Gräben an den Stellen, an denen sie 
mit ihrer Sturmstellung noch 3—500 Meter von der deut- 
schen ersten Linie ertfernt geblieben waren. Die durch das 
Gas und die Rauch= und Staubentwicklung des übrigen 
Artilleriefeuers entstandenen Wolken trieb der Südwind 
über die deutschen Stellungen hinweg. Unter dem Schutz 
dieser Wolken erfolgte an diesem Tage der Angriff. 
Bei den späteren Angriffen wurden meistens rückwärtige 
Gräben, in denen die Aufstellung unserer Reserven ver- 
mutet wurde, von den Franzosen unter Gasfeuer genommen. 
Durch solche Gassperren dicht hinter dem anzugreifenden 
Abschnitt der deutschen Stellung sollte anscheinend das 
Vorführen von Reserven und Munition verhindert werden. 
Den gleichen Zweck verfolgten die Franzosen bei dem Ver- 
gasen ganzer Lager, Waldstücke und Schluchten. Das gegen 
Beobachtungsstellen und Batteriestellungen gerichtete Gas- 
feuer sollte wohl in erster Linie Beobachtung und Be- 
dienung außer Gefecht setzen, zum mindesten sie aber an der 
weiteren Kampftätigkeit hindern. 
Die gesundheitsschädliche Wirkung der französischen Gas- 
geschosse in der freien Luft war gering. Schwere Schäden, 
Betäubung und Ersiickungstod traten nur ein, wenn die 
Gase in Unterstände eindrangen. Die deutschen Gasschutz- 
mittel bewährten sich allenthalben vorzüglich, insbesondere 
beim Durchschreiten großer Gasnebelwolken. In den Grä- 
ben und Unterständen mit Durchzug genügte das Anzünden 
kleiner bereitgehaltener Feuer, um das Gas in die Höhe 
bzw. hinauszutreiben. 
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Der 25. September 
Bei der 23. Reservedivision verlief die Nacht ruhiger. 
Trob des feindlichen Feuero konnten hier sogar die Hinder- 
nisse vor dem Kampfgraben in der Nacht ausgebessert 
werden. Bei der 24. Reservedivision dauerte dao feindliche 
Feuer unvermindert fort. Dort waren die Hindernisse völlig 
zerstört und die Gräben vollständig eingeebnet. Trotzdem 
wurde ein feindlicher Infanterieangriff, der sich zunächst 
gegen Reserve-Infanterieregiment 133 vorwagte, im Keime 
erstickt. 
10 Uhr vormittags traf der Oberbefehlshaber der dritten 
Armee, Generaloberst von Einem, im Korpostaboquartier 
des XII. Reservekorps beim General der Artillerie von 
Kirchbach zu einer Besprechung ein. 
Zu dieser Zeit setzte erneutes feindliches Trommelfeuer 
ein. Gleichzeitig ging die feindliche Infanterie mit starken 
Kräften aus den Waldstücken hinter der französischen vor- 
dersten Stellung gegen die Front des XII. Reservekorps 
vor. 
Vor der Front der 46. Reservebrigade brach dieser An- 
griff alsbald im Feuer zusammen. Im Bereich der 45. 
Reservebrigade gelang es dem Gegner nach guter Vorberei- 
tung mit Gaomunition, in einem Grabenstück Fuß zu 
fassen. Durch sofortigen Gegenangriff wurde die gesamte 
Stellung der 23. Reservedivision bald wieder gesäubert. 
199 Franzosen, darunter 4 Offiziere, blieben in der Hand 
der Sieger. Ein zweiter Angriff am Nachmittag wurde schon 
im Keime erstickt. 
Die 24. Reservedivision traf ein weit ernsterer Angriff. 
Schon 8,45 Uhr vormittags wies Reserve-Infanterieregi- 
ment 133 einen Vorstoß kurz ab. 11,45 Uhr vormittags 
drang der Gegner mit einem Gasangriff bis in einen Teil 
der Stellung des Reserve-Infanterieregiments 133 ein. 
Starke feindliche Kräfte folgten sofort, aber bereits 1, 1s Uhr 
nachmittags hatte das tapfere Reserve-Infanterieregiment 
133 aus eigner Kraft seine gesamte Stellung wieder fest in 
der Hand. · 
Gegen Mittag trafen bedenkliche Nachrichten vom VIII. 
Reservekorps her ein, wonach der Feind weiter östlich in 
die deutschen Gräben eingedrungen sei; auch bei Souain sei 
er durchgebrochen (Skizze 44). 
Aber schon nahten die von der Schlachtleitung heran- 
gezogenen Kräfte. II. Landwehr-Infanterieregiment 104 
näherte sich St. Martin, Reserve-Infanterieregiment s*2 
Somme-Py, die Nekrutenkompagnie der 23. Reservedivision 
traf bei der Reservestellung der 24. Reservedivision ein. 
Das Herankommen von I. Grenadierregiment 109 und 
II. Infanterieregiment 40 mit 4 Geschützen des XIV. 
Armeekorps stand für Nachmittag bestimmt in Aussicht. 
Ein Offizier des Generalkommandos des XII. Reserve- 
korps verlud diese von allen Seiten heranströmenden Helfer 
in Pont-Faverger in bereitgehaltene Kraftwagen. Jeder 
Offizier und Beamte, ja der letzte Mann fühlte, daß ein 
geschichtlicher Akt anhebe, der Sachsens Söhne auf voller 
Höhe brauchte. So ward das Unmögliche geschafft, gleich 
genial und peinlich sicher in den hohen Stäben, gleich 
selbsttätig bei allen Zwischengliedern auf Eisenbahn, Strasse, 
Park= und Depotplatz, unerschütterlich und unvergleichlich 
heldenhaft vorn in den Kampfgräben, wo der Tod seit 
24 Stunden nach Opfern raste. 
2,10 Uhr nachmittags meldete die 24. Reservedivision: 
Die Jäger in Aubérive halten sich, Reserve-Infanterie- 
regiment 104 hat einen schweren Angriff abgeschlagen und 
300 Gefangene gemacht, Reserve-Infanterieregiment 107 
hält seine Stellung bis auf eine vorspringende Ecke, Reserve- 
Infanterieregiment 133 hält seine Stellung, ist aber ohne 
Verbindung mit Reserve-Infanterieregiment 10 3. Letzteres 
kämpfte links anschließend im Rahmen der Division v. Lie- 
 
	        
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