Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

fehlsverbände kehrten die erfolgreichen Truppen der 53. Re- 
servedivision bis Mitte November nach Flandern zur vierten 
Armee zurück. Dort bildete die §3. Reservedivision um 
Ingelmünster zunächst wieder die Heeresreserve. Reserve- 
infanterieregiment 243, ebenso alle feuerbereiten Geschütze 
der Feldartillerie wurden der 4. Reservedivision zugewiesen. 
Auch wurden alle Arbeitskräfte der 5 3. Reservedivision zum 
Schanzen und für die Hürdenanfertigung im Korpoabschnitt 
des XXVII. Reservekorps verfügbar gemacht. Die übrige Zeit 
verwandte die §3. Reservedivision auf die Ausbildung der 
Truppen für den von allen herbeigesehnten Feldkrieg. 
Die §4. Reservedivision hatte, wie bereito erwähnt, Mitte 
September wieder die gesamte Kampfstellung des XXVII. Re- 
servekorps übernommen. Von der damit verbundenen 
Arbeitstätigkeit vermag sich jemand, der das tief ein- 
gegrabene Netz von Kampfgräben, Annäherungswegen und 
Unterständen in dem Wiesen= und Schlammbecken des Korps- 
bereicho nicht gesehen hat, kaum ein Bild zu machen. In 
großzügiger Voraussicht eines Durchbruchkampfes größten 
Stils waren zwei völlig gedeckte, tief eingeschnittene Vor- 
marschwege — der Suez= und der Panamakanal — an- 
gelegt worden, ein Seitenstück zu den französischen Hohl- 
wegen in der Champagne. Sie dienten gleichzeitig zur Ent- 
wässerung der Kampfstellung. — 
Unverdrossen gingen die Leute auch an den Auöbau der 
neuen Reservestellung und nahmen damit erneut den Kampf 
gegen den tückisch haltlosen Boden, gegen das Grundwasser 
und gegen die unaufhörlichen Niederschläge in diesem regen- 
reichsten Landstriche Westeuropas auf. Dabei standen die 
Mannschaften in stetem Grabenkrieg mit ihren nervenstarken, 
am Kampfe gleich einem Sport sich erfreuenden englischen 
Gegnern. Aber nie ließen Arbeitseifer, Stimmung und 
Kampflust bei den Sachsen nach. Ja es trat bald eine 
solche Unbekümmertheit gegen Verluste ein, daß die Vor- 
gesetzten immer wieder zu größerer Vorsicht mahnen mus- 
ten. Die Leute sangen ihr „denn jede Kugel, die trifft ja 
nicht“ nicht nur lustig, sie handelten auch in frischem Sol- 
datemmute danach. Württemberger und Sachsen suchten 
sich dabei zu übertreffen. Dabei wuchs sich die stets zu- 
nehmende gegenseitige hohe Achtung zu echter Kameradschaft 
der beiden so verschieden gearteten deutschen Volksstämme 
aus, zu einer herrlichen Waffenbrüderschaft, die in den 
verlustreichen Grabenkämpfen langer Monate fast täglich 
Gelegenheit fand, sich aufs schönste zu betätigen. 
Das gleiche vorzügliche kameradschaftliche Verhältnis zwi- 
schen Württembergern und Sachsen haben wir bei der Ge- 
schichte der § 8. Infanteriedivision zu rühmen, welche in 
ähnlicher Weise aus beiden Volksstämmen zusammen- 
gesetzt war. 
Die enormen Leistungen des XX VII. Reservekorps und seine 
Menschenverluste während seines ersten Kriegsjahres ver- 
anschaulichen die folgenden Zahlen: 
I. Bestand des XXVIll. Neservekorps am 10. 10. 1914: 
30 Oddr Mann, darunter 485 Offiziere. 
Verluste bis 15. 10. 1018: 
tot, verwundet, vermift: 33 646 Unteroffiziere und Mann- 
schaften, für längere Zeit erkrankt: 10 940 Unteroffi- 
ziere und Mannschaften, zusammen 44 586 Mann. 
tot, verwundet, vermißt: 614 Offiziere, für längere Zeit 
erkrankt: 401 Offiziere, zusammen 1015. 
II. Zuganz aus der Heimat, aus Rekrutendepots, von 
anderen Truppen usw.: 
45 353 Mann, darunter 575 Offiziere, 
nach der Verwundung zurückgekehrt: 7337 Mann, dar- 
unter 127 Offiziere. 
III. Bestand am 15. 10.1915: 
34 119 Mann einschließlich 597 Offiziere. 
265 
IV. Seit Kriegsbeginn bis Jahresschluß 115 noch bei 
ihrem Truppenteil: 
7097 Mann einschließlich 177 Offiziere. 
V. Menschenverbrauch einschließlich der Zu- und Abgänge, 
Versetzungen usw.: 
38 373 Mann einschließlich 304 Offiziere. 
VI. Im besonderen bei den sächsischen Truppenteilen): 
Stand am 10. 10. 1914: 
R. 241 R. 242 R. 243 R. 244 M. 245 
Offiziere: 53 5 46 31 37 35 
Offz.-Stellv.: 13 21 27 25 44 
Insgesamt: 30460 2030 2020 2037 2890 
Jäög. 25 Jäg. 25 R.-F.-A. 53 M.-Mi.53 u. 54 
Offiziere; 17 10 71 14 
Offz.-Stellv.: 2 12 2 9 
Insgesamt: 965 950 1792 611 
Gefechtsverluste bis 15. 10. 1915: 
R. 241 R. 242 R. 243 R. 244 R. 245 
Offiziere: 48 39 52 27 35 
Offz.-Stellv.: 20 7 14 11 27 
Insgesamt: 2578 2582 2038 2522 2075 
Jäg. 25 Jäg. 20 M.-F-A. 53 R.-Pi. 53u. 54 
Offiziere: 9 13 16 4 
Offz.-Stellv.: 5 4 3 — 
Insgesamt: 915 665 322 128 
Am u5. 10. 1915 noch beim Truppenteil"“): 
K. 241 R. 242 K. 243 R. 244 R. 245 
Offiziere: 3 14 6 12 16 
Offz.-Stcllv.: — 3 3 5 6 
Insgesam: 407 408 655 519 746 
Jäg. 25 Jig. 250 R.-F.A. 53 M.-P. 53 u. 54 
Offiziere: 5 3 54 4 
Offz.-Stello.: 1 1 2 1 
Insgesamt: 130 165 954 151 
Was ist aus diesen Zahlen zu entnehmen? An Mann- 
schaften ist der eineinhalbfache, an Offizieren sozar mehr 
als der dreifache Sollbestand im ersten Kriegsjahre ver- 
braucht worden. « 
Die Zahl derer, welche von Feldzugsbeginn an durch alle 
Fährlichkeiten des männermordenden Kiiegs durchgekommen 
sind, betrug nach dem ersten Kriegsjahr nur etwa ein 
Viertel der Ausrückestärke. 
Ahnlich ist der Menschenverbrauch bei fast allen deutschen 
Truppenkörpern gewesen. Bis zum Kriegoende sind die 
meisten Regimenter vier= bi# fünfmal ganz aufgefüllt 
worden. Naturgemäß verfielen gerade die Besten zuerst 
dem schweren Schicksal. Es erscheint geradezu als Wunder, 
daß trotzdem das deutsche Volk in Waffen noch weitere 
3 volle Kriegsjahre nach dem verlustreichen ersten Jahre 
des Kriegs die schweren Menschenverlusie ertragen hat und 
selbst dem letzten Niesenansiurm der „23 aliilerten und 
assoziierten Mächte“ auf dem Schlachtfelde nicht er- 
legen ist. 
Das deutsche Volk, gegenüber äußeren Feinden unüber- 
windlich, ist schließlich dem tückischen Feind im eignen 
Lager erlegen! — 
Doch zurück zum XXVII. Reservekorps. 
Ende Januar 1916 wurde das XXVII. Reservekorps aus 
der Stellung vollständig herausgezogen. Mit Wehmut ver- 
ließ die zähe Infanterie ihre Kampfgräben, in denen sie 
länger als 153 Monate das Höchste geleistet hatte. Fast 
jeder Acker des Korpsbereichs war mit deutschem Blute reich- 
lich gedüngt. Langsam, aber stetig war es vorwärisgegangen. 
*) Für die l. (sächs.) Abteilung R.-F.-A.-N. 51 nicht darsellkar, da 
die ketreffenden Sahten nur für die Regimenter feüßtehen. 
“) Offiziere einschließlich der aus dem llntereff#Ltier= und Mann- 
schaftsf#and keförderten.
	        
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