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vielgenannten „Franzosennest“ östlich von Aubérive in den
notdürftig hergerichteten deutschen Kampfgraben. Dort
mußten sich die Leute erst Löcher in der vorderen Graben=
wand graben, um vor dem furchtbaren feindlichen Minen-
feuer Schutz zu finden. Der Feind lag nur 20 Meter weit
entfernt und überschüttete die aunverdrossen arbeitenden
Pehreutg Tag und Nacht mit Feuer. In der Nacht zum
Oktober wurde das Bataillon als Regimentoreserve
27 Waldlager zurückverlegt. An der am 15. Oktober 6 Uhr
früh durch III. Bataillon Grenadierreserveregiments 100
und Reservejäger 12 erfolgten Wiedereinnahme des Fran=
zosennestes nahm insbesondere die 4. Kompagnie des Land-
wehr-Infantericregiments 106, welche zunächst els Reserve
eingeteilt war, rühmlichen Unteil. Leutnant Kunze dieser
Kompagnie, mit einigen beherzten Leuten seines Zuges und
mehreren Jägern, im ganzen 28 bis 30 Mann, aus eige-
nem Entschluß mit voreilend, nahm mehr als 100 Fran-
zosen mit § Offizieren vom Infanterieregiment 94 gefangen.
Die Leute waren schöne stattliche Gestalten und gut aus-
gerüstet. Sie ließen sich nicht ungern abführen, sichtlich
froh, daß der Krieg für sie zu Ende war. Einer strich
sich sechnell noch ein Weißbrot voll Marmelade, ein dicker
französischer Leutnant mit kurzem Vollbart, stopfte gelassen
eine Stummelpfeife mit der Bemerkung. „Consolation“
(Trost). Bei der Fürsorge für die Verwundeten, deren Fort-
schaffen in den engen Laufgräben sehr beschwerlich war,
entstand übrigens ein kameradschaftlicher Wetteifer zwischen
Siegern und Besiegten. Auch drei Maschinengewehre fielen
in die Hände der 4. Kompagnie, zwei davon schußfertig
aufgebaut und unversehrt. Die Verluste der Kompagnie
während des Kampfes um das Franzosennest betrugen vier
Tote und 21 Verwundete.
Die nächsten Tage vergingen in ansirengender Bautätig-
kbeit, mußten doch die deutschen Stellungen vollständig neu
wieber aufgebaut werden. Die Wehrleute erhielten für ihren
Eifer die besondere Anerkennung deo Abschnittskommandeurs
Oberst v. Scheel, Grenadierreserveregiment 1co.
In der Nacht zum 28. Oktober wurde das Bataillon
endgültig durch III. Bataillon Reserve-Infanterieregiment
104 in der vordersten Linie abgelöst. Es blieb dann noch
einige Tage im Waldlager und erreichte am 1. November
abends durch Fußmarsch Boult im Bereiche der 47. Land-
wehr-Infanteriebrigade.
Das Bataillon hatte während der drei Wochen in der
Champagne einen Gesamtverlust von 17 Toten und 72 Ver-
wundeten.
Die Verluste der anderen Bataillone in der Champagne-
schlacht sind:
II. Bataillon 0 h iments 104: 44 tot
(einschließlich 3 Offizeere), 143 verwundet (einschließs
lich s Offie eere), 239 vermißt Cinschließlich 1Offizier).
II. Bataillon Land s 106: 53 tot
(einschließlich 1 Offizler), 147 verwundet Ss
lich 3 Offiziere), 39 vermißt (einschließlich 2 Offizler.).
III. Bataillon Infanterieregiments 103: 41 tot (ein--
schließlich 2 Offiziere), 90 verwundet (einschließlich
2 Offiziere), 1 vermißt.
Uber die Tätigkeit des letzteren — aktiven — Bataillons
in der Champagne wird die Regimentögeschichte berichten,
wegen Rücksicht auf den Umfang des Buches muß an
dieser Stelle darauf verzichtet werden.
Ich gebe im folgenden noch die Gesamtverluste an, welche
die Landwehrtruppenteile der verstärkten 47. Landwehrbri-
gade bis zum Schlusse des Jahres lo#s erlitten haben.
Landwehr-Infanterieregiment 104: Offiziere 8 tot, 10
verwundet, 3 vermißt.
unteroffizere und Mannschaften 143 tot, 780 ver-
wundet, 307 vermißt.
Kandwehr-Infanterieregiment 106: Offiiere 3 tot, 30
verwundet, 2 vermißt.
Unteroffiziere und Mannschaften 167 tot, 1281 ver-
wundet, 21 vermißt.
Artillerie: Sffiiere 1 tot, 6 verwundet.
Unteroffiziere und Mannschaften 50 tot, 117 verwun-
det, 3 vermißt.
Cert.
Die 10. Ersatzdivisson im Jahre 1015
Wir haben die 19. Ersatzdivision bei der Jahreswende
in ihrer Stellun 3 am Lothringer Loch, Seite 148, verlassen.
Anfang Januar 1915 räumte der Feind mehrere 5 Ort-
schaften in seinem Vorpostengebiet. Am 4. Januar unter-
nahmen je eine Kompagnie der Bataillone 48 und 47
wohlgelungene Erkundungen, ebenso am folgenden Tage
mehrere Abteilungen bei der 47. Ersatzbrigade. Auch der
Feind blärte trotz der fast grundlosen Bodenverhältnisse,
welche das anhaltende Regenwetter herbeigeführt hatte,
Fleißig auf der ganzen Front auf. Am 21. Januar löste
der Feind seine Truppen in vorderster Linie ab, seine Ar-
tillerietätigkeit nahm auffällig zu, auf seiner ganzen Front
wurde geschanzt, und wiederholt griffen kleine feindliche
Abtellungen unsere Feldwachen an. Der Feind schoß jetzt
mit auffallend kleinen Kalibern, die Hälfte der Geschosse
waren Blindgänger.
Am 8. Februar unternahmen wieder einzelne Kompagnien
der sächsischen Brigaden mit gutem Erfolge Vorstöße, eben-
so die rechts anschließende s. bayerische Landwehrbrigade,
letztere zur Jerstörung der rrwiiedereinsetzenden Schanzarbeiten
am Fort Manonviller. Da der Feind seine Arbeiten trotz-
dem fortsetzte, feuerte auch die deutsche schwere 15-em-
Batterie, welche die nach der Gegend von Mülhausen ab-
gegebenen beiden 13-em- Geschütze ersetzt hatte, mit sicht-
lichem Erfolge gegen das Fort.
Anfang Februar war wieder Ersatz aus Sachsen einge-
troffen, ebenso traf am 17. Februar eine sächsische Land-
sturmarbeiterkompagnie ein. Am 19. Februar konnte die
Bahnstrecke von Avricourt bis Cirey, an der biöher fleißig
gearbeitet worden war, in Betrieb genommen werden. Die
Bataillone der sächsischen Ersatzbrigaden wurden nunmehr
je zwei zu einem Regiment zusammengefaßt, die Negi-
menter erhielten die Bezeichnungen Ersatzregiment 23 und
32 (45. Ersatzbrigade), 24 und 40 (47. Ersatzbrigade).
Ende Februar kam es zu mehrtägigen Kämpfen, nachdem
das Vorschreiten des deutschen Angriffes in den Vogesen
auch das Vorschieben des linken Flügels der 19. Ersatzdivi-=
sion wünschenswert gemacht hatte.
Die Kämpfe vom 27. Februar bis 10. März 1915.
Es sollte möglichst die Linie Domevrehöhen nordöstlich
von Badonviller—Collines im Plainetal erreicht werden.
In aller Stille, vom Feinde unbemerkt, wurden die dazu
nötigen Umgruppierungen vorgenommen und beträchtliche
Verstärkungen herangezogen. Das Divisionsstabsquartier
wurde am 26. Februar abends nach Cirey vorverlegt und
auch die rechts anschließenden Gruppen der §. bayerischen
Landwehrbrigade zu gleichzeitigen Vorstößen mit gemischten
Abteilungen veranlaßt.
Die 47. Ersatzbrigade setzte sich am 27. Februar ohne
erheblichen Kampf in den Besitz der Linie: Höhe ösilich
Domsvre —Montreur und verschanzte sich in derselben so-
fort. Auch ihr linker Flügel, das bayerische Landwehr-In-
fanterieregiment Vallade, setzte sich bis Mittag in den Be-