Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

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vielgenannten „Franzosennest“ östlich von Aubérive in den 
notdürftig hergerichteten deutschen Kampfgraben. Dort 
mußten sich die Leute erst Löcher in der vorderen Graben= 
wand graben, um vor dem furchtbaren feindlichen Minen- 
feuer Schutz zu finden. Der Feind lag nur 20 Meter weit 
entfernt und überschüttete die aunverdrossen arbeitenden 
Pehreutg Tag und Nacht mit Feuer. In der Nacht zum 
Oktober wurde das Bataillon als Regimentoreserve 
27 Waldlager zurückverlegt. An der am 15. Oktober 6 Uhr 
früh durch III. Bataillon Grenadierreserveregiments 100 
und Reservejäger 12 erfolgten Wiedereinnahme des Fran= 
zosennestes nahm insbesondere die 4. Kompagnie des Land- 
wehr-Infantericregiments 106, welche zunächst els Reserve 
eingeteilt war, rühmlichen Unteil. Leutnant Kunze dieser 
Kompagnie, mit einigen beherzten Leuten seines Zuges und 
mehreren Jägern, im ganzen 28 bis 30 Mann, aus eige- 
nem Entschluß mit voreilend, nahm mehr als 100 Fran- 
zosen mit § Offizieren vom Infanterieregiment 94 gefangen. 
Die Leute waren schöne stattliche Gestalten und gut aus- 
gerüstet. Sie ließen sich nicht ungern abführen, sichtlich 
froh, daß der Krieg für sie zu Ende war. Einer strich 
sich sechnell noch ein Weißbrot voll Marmelade, ein dicker 
französischer Leutnant mit kurzem Vollbart, stopfte gelassen 
eine Stummelpfeife mit der Bemerkung. „Consolation“ 
(Trost). Bei der Fürsorge für die Verwundeten, deren Fort- 
schaffen in den engen Laufgräben sehr beschwerlich war, 
entstand übrigens ein kameradschaftlicher Wetteifer zwischen 
Siegern und Besiegten. Auch drei Maschinengewehre fielen 
in die Hände der 4. Kompagnie, zwei davon schußfertig 
aufgebaut und unversehrt. Die Verluste der Kompagnie 
während des Kampfes um das Franzosennest betrugen vier 
Tote und 21 Verwundete. 
Die nächsten Tage vergingen in ansirengender Bautätig- 
kbeit, mußten doch die deutschen Stellungen vollständig neu 
wieber aufgebaut werden. Die Wehrleute erhielten für ihren 
Eifer die besondere Anerkennung deo Abschnittskommandeurs 
Oberst v. Scheel, Grenadierreserveregiment 1co. 
In der Nacht zum 28. Oktober wurde das Bataillon 
endgültig durch III. Bataillon Reserve-Infanterieregiment 
104 in der vordersten Linie abgelöst. Es blieb dann noch 
einige Tage im Waldlager und erreichte am 1. November 
abends durch Fußmarsch Boult im Bereiche der 47. Land- 
wehr-Infanteriebrigade. 
Das Bataillon hatte während der drei Wochen in der 
Champagne einen Gesamtverlust von 17 Toten und 72 Ver- 
wundeten. 
Die Verluste der anderen Bataillone in der Champagne- 
schlacht sind: 
II. Bataillon 0 h iments 104: 44 tot 
(einschließlich 3 Offizeere), 143 verwundet (einschließs 
lich s Offie eere), 239 vermißt Cinschließlich 1Offizier). 
II. Bataillon Land s 106: 53 tot 
(einschließlich 1 Offizler), 147 verwundet Ss 
lich 3 Offiziere), 39 vermißt (einschließlich 2 Offizler.). 
III. Bataillon Infanterieregiments 103: 41 tot (ein-- 
schließlich 2 Offiziere), 90 verwundet (einschließlich 
2 Offiziere), 1 vermißt. 
Uber die Tätigkeit des letzteren — aktiven — Bataillons 
in der Champagne wird die Regimentögeschichte berichten, 
wegen Rücksicht auf den Umfang des Buches muß an 
dieser Stelle darauf verzichtet werden. 
Ich gebe im folgenden noch die Gesamtverluste an, welche 
die Landwehrtruppenteile der verstärkten 47. Landwehrbri- 
gade bis zum Schlusse des Jahres lo#s erlitten haben. 
Landwehr-Infanterieregiment 104: Offiziere 8 tot, 10 
verwundet, 3 vermißt. 
unteroffizere und Mannschaften 143 tot, 780 ver- 
wundet, 307 vermißt. 
Kandwehr-Infanterieregiment 106: Offiiere 3 tot, 30 
verwundet, 2 vermißt. 
Unteroffiziere und Mannschaften 167 tot, 1281 ver- 
wundet, 21 vermißt. 
Artillerie: Sffiiere 1 tot, 6 verwundet. 
Unteroffiziere und Mannschaften 50 tot, 117 verwun- 
det, 3 vermißt. 
Cert. 
  
Die 10. Ersatzdivisson im Jahre 1015 
Wir haben die 19. Ersatzdivision bei der Jahreswende 
in ihrer Stellun 3 am Lothringer Loch, Seite 148, verlassen. 
Anfang Januar 1915 räumte der Feind mehrere 5 Ort- 
schaften in seinem Vorpostengebiet. Am 4. Januar unter- 
nahmen je eine Kompagnie der Bataillone 48 und 47 
wohlgelungene Erkundungen, ebenso am folgenden Tage 
mehrere Abteilungen bei der 47. Ersatzbrigade. Auch der 
Feind blärte trotz der fast grundlosen Bodenverhältnisse, 
welche das anhaltende Regenwetter herbeigeführt hatte, 
Fleißig auf der ganzen Front auf. Am 21. Januar löste 
der Feind seine Truppen in vorderster Linie ab, seine Ar- 
tillerietätigkeit nahm auffällig zu, auf seiner ganzen Front 
wurde geschanzt, und wiederholt griffen kleine feindliche 
Abtellungen unsere Feldwachen an. Der Feind schoß jetzt 
mit auffallend kleinen Kalibern, die Hälfte der Geschosse 
waren Blindgänger. 
Am 8. Februar unternahmen wieder einzelne Kompagnien 
der sächsischen Brigaden mit gutem Erfolge Vorstöße, eben- 
so die rechts anschließende s. bayerische Landwehrbrigade, 
letztere zur Jerstörung der rrwiiedereinsetzenden Schanzarbeiten 
am Fort Manonviller. Da der Feind seine Arbeiten trotz- 
dem fortsetzte, feuerte auch die deutsche schwere 15-em- 
Batterie, welche die nach der Gegend von Mülhausen ab- 
gegebenen beiden 13-em- Geschütze ersetzt hatte, mit sicht- 
lichem Erfolge gegen das Fort. 
Anfang Februar war wieder Ersatz aus Sachsen einge- 
troffen, ebenso traf am 17. Februar eine sächsische Land- 
sturmarbeiterkompagnie ein. Am 19. Februar konnte die 
Bahnstrecke von Avricourt bis Cirey, an der biöher fleißig 
gearbeitet worden war, in Betrieb genommen werden. Die 
Bataillone der sächsischen Ersatzbrigaden wurden nunmehr 
je zwei zu einem Regiment zusammengefaßt, die Negi- 
menter erhielten die Bezeichnungen Ersatzregiment 23 und 
32 (45. Ersatzbrigade), 24 und 40 (47. Ersatzbrigade). 
Ende Februar kam es zu mehrtägigen Kämpfen, nachdem 
das Vorschreiten des deutschen Angriffes in den Vogesen 
auch das Vorschieben des linken Flügels der 19. Ersatzdivi-= 
sion wünschenswert gemacht hatte. 
Die Kämpfe vom 27. Februar bis 10. März 1915. 
Es sollte möglichst die Linie Domevrehöhen nordöstlich 
von Badonviller—Collines im Plainetal erreicht werden. 
In aller Stille, vom Feinde unbemerkt, wurden die dazu 
nötigen Umgruppierungen vorgenommen und beträchtliche 
Verstärkungen herangezogen. Das Divisionsstabsquartier 
wurde am 26. Februar abends nach Cirey vorverlegt und 
auch die rechts anschließenden Gruppen der §. bayerischen 
Landwehrbrigade zu gleichzeitigen Vorstößen mit gemischten 
Abteilungen veranlaßt. 
Die 47. Ersatzbrigade setzte sich am 27. Februar ohne 
erheblichen Kampf in den Besitz der Linie: Höhe ösilich 
Domsvre —Montreur und verschanzte sich in derselben so- 
fort. Auch ihr linker Flügel, das bayerische Landwehr-In- 
fanterieregiment Vallade, setzte sich bis Mittag in den Be-
	        
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