Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

Invalidenversorgung der Mannschaften, Pensionsangelegen- 
heiten der Hinterbliebenen von Militärpersonen aller Grade. 
Als dritte Sektion war der Abteilung der Justitiar 
angegliedert, dessen Tätigkeit hauptsächlich in der Abgabe 
von Rechtsgutachten bestand, die zum Gegenstande hatten: 
Angelegenheiten des öffentlichen Rechts, des streitigen Pri- 
vatrechts, der freiwilligen Gerichtsbarkeit, Defektangelegen- 
heiten, Kompetenzkonflikte, Vermögensnachweise usw. 
Die geleistete Arbeit war auch hier während des Krieges 
eine ganz außerordentlich hohe. 
Durch den Krieg trat eine große Anzahl neuer Auf- 
gaben zu den obengenannten hinzu. Das ständige Anwachsen 
der Arbeitslast machte im Herbst 1916 eine Neueinteilung 
der Abteilung und die Abzweigung einer selbständigen Ver- 
sorgungsabteilung nötig. Es oblagen nunmehr der Sektion A 
die Angelegenheiten der Gesetzgebung im Strafrecht, des 
Militär= und Disziplinarstrafrechts, des Landesstrafrechto, 
des Militärgerichtswesens sowie Begnadigungo-, Strafvoll- 
streckungs-, Löschungs= und Auslieferungsangelegenheiten. 
Die Sektion B hatte sich zu befassen mit der Gesetzgebung 
außer Strafrecht, dem Staatorecht, der sächsischen Ver- 
fassung, dem Steuerwesen, Militärtestamentswesen und den 
Prozessen der Militärverwaltung. 
Dazu kamen während des Krieges Feldgerichtsakten gegen 
Ausländer, Gerichtsangelegenheiten der Kriegsgesellschaften, 
Testamentsangelegenheiten und die Führung von Zinvilprozes- 
sen im Interesse des Militärfiskus, namentlich über Scha- 
denersatzansprüche aus dem Kriege. 
Die Jahl der dem sechsisches Kriegsministerium unter- 
stellten Gerichte betrug im Frieden zwei Oberkriegögerichte 
und vier Divisionsgerichte mit zusammen 38 Beamten, im 
Kriege zwei Oberkriegsgerichte und zehn Kriegsgerichte, 
wozu 46 Stellen für richterliche Feldjustizbeamte kamen. 
Für die im Kriege bestehenden Gerichte waren 171 Beamte 
erforderlich. 
Breiten Raum nahm in der Tätigkeit der Abteilung 
die Strafrechtspflege beim Heere ein; dazu trat vornehm- 
lich die Strafgerichtsbarkeit gegen Kriegsgefangene und die 
Fragen, die die außerordentlichen kriegsgerichtlichen Ver- 
fahren gegen Ausländer mit sich brachten. Eingehende 
Feldgerichtsakten mußten auf ihren rechtlichen Inhalt ge- 
prüft werden, über sie und über Urteile gegen Kriegs- 
gefangene im Feld und im Heimatgebiet waren Nach- 
weisungen anzulegen. Ferner mußten bearbeitet werden die 
Vereinbarungen, die mit feindlichen Mächten über die Be- 
handlung von Kriegsgefangenen in gerichtlicher und diszipli- 
neller Hinsicht zu treffen waren; Urkunden, von Kriegs- 
gefangenen ausgestellt, waren zu legalisieren und die straf- 
rechtlichen Fragen der Friedenoverträge hinsichtlich der 
Kriegsgefangenen vorzubereiten. Amnestieerlasse anläßlich 
der Mobilmachung, Gnadenerlasse des Kaisers und der 
Kontingentsherren, Löschungen im Strafregister, Nehabili- 
tierungen, Einzelbegnadigungen beschäftigten ganz außer- 
ordentlich die Abteilung. — 
Abteilung IV (Abteilung für persönliche 
Angelegenheiten) 
Chef war zu Kriegöbeginn Major z. D. Suffert, dem 
im Mai 1916 Major von Sichart folgte; nach dessen 
1017 erfolgten Tode wurde die Leitung dem Oberst von 
Dambrowsty übertragen, der sie bis zum Ende des Krieges 
geführt hat. 
Die Abteilung war in drei Sektionen gegliedert: die 
persönliche, die Kanzlei= und die Ordenssektion. 
Zu den wichtigsten Aufgaben der persönlichen Sektion 
gehörte die Verteilung der Offiziere auf die einzel- 
nen Formationen. Bei Kriegsausbruch standen zur Ver- 
fügung 2345 aktive, 1711 inaktive und 3508 sächsische 
Offiziere des Beurlaubtenstandes. 
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Die mit der Mobilmachung in Kraft tretende Zusammen- 
setzung des Offizierskorpo der Feldtruppen bewährte sich 
außerordentlich. Trug sie einerseits zur Erhöhung der 
Schlagfertigkeit der Truppe bei, so hatte sie doch den 
Nachteil, daß gleich in den ersten Kämpfen ein großer Teil 
der brauchbarsten Offiziere fiel. Auch bei den Reservekorps 
war im allgemeinen eine günstige Besetzung der Offiziers= 
stellen möglich; Schwierigkeiten ergaben sich dann aber, als 
die Zahl der neuaufzustellenden nicht vorgesehenen Korps 
und Divisionen wuchs. Der Mangel an aktiven Offizieren 
machte sich besonders fühlbar bei der Besetzung der führen- 
den Stellen bei den Ersatzformationen. Aber auch die 
Leistungsfähigkeit den Kriegsministeriums selbst mußte durch 
auogiebige Belassung der aktiven eingearbeiteten Offiziere 
auf der alten Höhe gehalten werden. 
Sehr viel Mühe verursachten die Vorbereitungen für 
Veränderungen in der Stellenbesetzung, da in jedem Falle 
die Eignung des Vorgeschlagenen oder dem Dienstalter nach 
in Frage Kommenden durch die Abteilung IV untersucht 
werden mußte. 
Geeigneter Ersatz für aus ihren Stellen ausgeschiedene 
Generalstabsoffiziere war, je länger der Krieg dauerte, um 
so schwieriger zu beschaffen. Während im Frieden 24 Gene- 
ralstabsoffizierstellen für Sachsen etatsmäßig waren, wur- 
den im Juli 1918 110 Offifiere im Generalstabodienst 
verwandt. 
Auch die Bearbeitung der Besetzung aller höheren Ad- 
jutantenstellen wurde mit der Zeit der Abteilung IV zuge- 
wiesen. Die lange Dauer des Krieges hatte Verhältnisse ge- 
schaffen, die eine Zentralisierung dieser Aufgabe erforder- 
lich machten. 
Der Ausgleich innerhalb der Verbände wurde gleichfalls 
vom Kriegoministerium im großen geleitet. Oft befand sich 
die persönliche Abteilung dabei in schwieriger Lage, da 
jede Formation sich ihre eingerichteten Offiziere zu erhalten 
suchte und diese selbst in der weitaus größten Zahl der Fälle 
das Bestreben hatten, in ihren Stellen zu verbleiben. Beide 
Gründe wurden zwar in der Regel vollauf gewürdigt; doch 
bonnten alle dahingehenden Wünsche bei den großen Schwie- 
rigkeiten des OÖffizierersatzes nicht immer erfüllt werden. 
Die Kommandierung von Kapallericoffizieren zur Infanterie 
mußte in weitem Maße veranlaßt werden. Ganz besonders 
schwierig war es, tüchtige aktive Offiziere für den hoch- 
wichtigen Heimatdienst freizumachen oder zu erhalten. Alle 
Stellen von Abteilungs-, Bataillons-, Kompagnie= und 
Batterieführerstellen mit Inhabern der entsprechenden 
Dienstgrade zu beseßen, war bei der starken Vermehrung 
aller Formationen nicht möglich. 
Breiten Raum nahm die Behandlung aller Angelegen- 
beiten em, die Beförderungen, Charakter= und 
Patentverleihungen betrafen. 
Für die Annahme von Anwärtern auf die Laufbahn 
eines aktiven Offiziers waren die Friedensbestimmungen 
maßgebend. Die Annahme geschah durch den Truppen- 
kommandeur. Die Beförderung zum Fähnrich wurde davon 
abhängig gemacht, daß der Betreffende den Unteroffizlers- 
grad crlangt und im Felde gestanden hatte; in der letzten 
Kriegszeit war eine sechsmonatige Dienstleistung Voraus- 
setzung, die zur Hälfte beim Ersatz-, zur Hälfte beim Feld- 
truppenteil abgeleistet werden mußte; Bedingung w##r ferner 
die Teilnahme an einem Fahnenjunkerkursus. Eine besondere 
Offiziersprüfung gab es ebensowenig, wie eine Wartezeit 
zwischen der Beförderung zum Fähnrich und der zum 
Offizicr. Der Vorschlag zur Beförderung des Fähnrichs 
zum Offizier ging vom Truppenkommandeur aus und 
gründete sich auf dessen Beurteilung über die Eignung des 
zu Befördernden. Kadetten wurden zweimal jährlich in 
die Armee als Fähnriche oder als charakterisierte Fähnriche 
eingestellt, und zwar zunächst bei den Ersatztruppenteilen.
	        
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