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b. der Lehrlinge.
§. 115.
Als Lehrling ist jeder zu betrachten, welcher bei. einem Lehrherrn zur Er-
lernung eines Gewerbes in Arbeit tritt, ohne Unterschied, ob die Erlernung gegen
Lehrgeld oder unentgeltliche Hülfsleistung stattfindet, oder ob für die Arbeit Lohn
gezahlt wird.
Auf Lehrlinge über 18 Jahre finden die Bestimmungen der §§. 106. 116.
117. und 119. keine Anwendung.
§. 116.
Von der Befugniß, Lehrlinge zu halten, sind ausgeschlossen diejenigen
welchen wegen anderer, als polizeilicher Verbrechen oder Vergehen der Vollgenuß
der staatsbürgerlichen Rechte entzogen ist, für die Zeit der Entziehung, sofern sie
nicht in diese Rechte wieder eingesetzt oder welche wegen Diebstahls oder Betruges
rechtskräftig verurtheilt worden sind.
§. 117.
Ein Gewerbetreibender, welcher von der Befugniß, Lehrlinge zu halten,
ausgeschlossen ist, darf auch die bereits angenommenen Lehrlinge nicht ferner
beibehalten.
Die Entlässung unbefugt angenommener oder beibehaltener Lehrlinge kann
im Wege der polizeilichen Exekution erzwungen werden.
§. 118.
Der Lehrherr muß sich angelegen sein lassen, den Lehrling durch Beschäfti-
gung und Anweisung zum tüchtigen Gesellen auszubilden. Er darf dem Lehr-
linge die hierzu erforderliche Zeit und Gelegenheit durch Verwendung zu anderen
Dienstleistungen nicht entziehen. Der Lehrherr muß bemüht sein, den Lehrling
zur Arbeitsamkeit und zu guten Sitten anzuhalten und vor Lastern und
Schweifungen zu bewahren.
§. 119. Der Lehrling ist der väterlichen Zucht des Lehrherrn unterworfen und in
Abwesenheit des Lehrherrn auch dem denselben vertretenden Gesellen oder Ge-
hülfen zur Folgsamkeit verpflichtet.
§. 120.
Das Lehroerhltnß kann in den Fällen, welche im §. 111. bezeichnet
sind, von derm Lehrherrn vor Ablauf der Lehrzeit aufgehoben werden. Sind für
einen solchen Fall keine besonderen Verabredungen getroffen, so ist das Lehrgeld
stets für die bereits abgelaufene Zeit zu entrichten. Daneben gebührt, wenn der
Lehrling in den Fällen des §. 111. Nr. 1. bis 5. zu seiner Entlassung Veran-
lassung gegeben hat, dem Lehrherrn als Entschädigung das weiterlaufende Lehr-
geld bis zu einem halbjährigen Betrage.