fullscreen: Um den Kaiser.

Ein Verhängnis kam über Nacht und verbreitete im deutschen 
Volke Trauer und Schrecken. 
Am 28. Oktober 1908 früh erhielt ich mit besonderem Boten 
eine Wolffsche Depesche im Durchdruck aus London: Kaiser- 
gespräche aus dem Daily Telegraph. Auf einem Zettel von 
der Hand de“ Direktors Mantler stand ungefähr, die Sache sei sehr 
eilig, die Ausgabe der Depesche sei noch aufgehalten, weil es sich 
wohl empfehle, gleichzeitig eine Berichtigung zu bringen. Man war 
ja an manches gewöhnt, aber was da in der Depesche dem Kaiser 
in den Mund gelegt war, schien mir alles Dagewesene zu übertreffen. 
Natürlich dementieren. Man mußte nur erst wissen, aus welcher 
Mücke dies Mastodon entstanden sein mochte. Im Amt ging ich 
sofort zum Staatssekretär und legte ihm das Schriftstück vor. 
„Können wir es noch unterdrücken?“ „Unmöglich, in einer Stunde 
wird es die B. 3. am Mittag schon herausbringen. Wir müssen es 
sofort mit einer kräftigen Verwahrung abschütteln.“ „Dementil!? 
Wir haben ja, während ich noch beurlaubt war, das ganze Manu- 
skript hier gehabt, durchgesehen und gebilligt!“ Nun war guter 
Nat teuer. 
Beratung beim Reichskanzler. Er sah sofort ein, daß man der 
deutschen Offentlichkeit nicht künstlich vorenthalten konn:e, was 
staunend das Ausland zu erfahren im Begriff war, vorausgesetzt, 
daß sich der Inhalt des Artikels mit dem Inhalt der im Auswärtigen 
Amt durchgesehenen Maschinenblätter deckte. Daran aber konnte 
nach den aktenmäßigen Vorgängen kein 3w#ifel sein. Das Manu- 
skript war von London direkt an den Kai.er gegangen, der sich in 
Rominten befand. Dem Kaiser geLiel die Zusammenstellung von 
Außerungen aus seinen vorjährigen Gesprächen in England. Alles 
war richtig und versprach nach Aasicht des Kaisers eine günsiige 
Wirkung in der Ofeentlichkeit. Auf den Rat des Ver.reter# des 
Auswärtigen Amts am Hoflager, Gesandten v. Rücker-Jenisch, 
ließ er sich besii umen, nicht sogleich die Veröftenlihung des Manu- 
skripts zu gench.##igen, sondern vorher di: Ansicht des Neichs. anziers 
zu hören. In de.n Begleitoriefe zu der Sengung nach Norderney 
regte der Gesandte sorgfältige Prüfung an. Der zur Diengtleistung 
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