Full text: Heft 1. Die Verfassungen des Norddeutschen Bundes vom 17. April 1867 und des Deutschen Reiches vom 16. April 1871.

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2. der sog. Zollvereinigungsvertrag v. 8. Juli 1867, der 
den deutschen Zollverein bundesstaatlich organisirt, welche Organi- 
sation eine sehr interessante Zwischenstufe zwischen den Organisationen 
der norddeutschen Bundesverfassung und der Reichsverfassung bildet. 
S. unten Anlage 2, S. 114—148. Die Abänderung der Be- 
stimmungen dieses „Vertrages“, soweit nicht die Reichsverfassung 
v. 16. April 1871 sie vorgenommen, unterliegen nach RVA. 40 
den erschwerenden Bestimmungen des Art. 78; 
3. die sog. Versailler Verträge aus dem November 1870. 
S. Anlage 3, S. 148—207. 
II. Die Art der Publikation dieser Verträge s. 2 u. 3 erregt 
große Bedenken, die sich übrigens bei allen analogen Publikationen 
des Deutschen Reiches wiederholen. 
Es handelt sich um „Verträge“, die zweifellos dem Art. 11 
Abs. 2 der norddeutschen Bundesverfassung unterliegen. Um den 
Inhalt des Vertrags in Gesetzes-Recht des Norddeutschen Bundes 
zu verwandeln, bedarf es unbedingt der Zustimmung des Bundes- 
rates (nach Art. 11 u. 78) und des Reichstages, und das „Gesetz“ 
muß ebenso unbedingt unter Hinweis auf diese Genehmigung ver- 
öffentlicht werden. Dieser fast selbstverständlichen Forderung ent- 
spricht aber weder die Art der Publikation des Norddeutschen Bundes, 
noch später die des Reiches. Die Bezugnahme auf den Gesetzgeber 
— den Bundesrat — und auf den Reichstag wird einfach weg- 
gelassen; über diese wichtigen für die Gültigkeit geradezu prä- 
judiziellen Tatsachen gewährt das Gesetzblatt keinen Aufschluß. 
Diese Publikationsart ist zweifellos fehlerhaft, ja sie kann unter 
Umständen die Gültigkeit des ganzen Erlasses in Frage stellen. 
Es ist doch kaum begreiflich, daß das Inkrafttreten der Verfassungs- 
verträge im Norddeutschen Bunde mit dem 1. Januar 1871 vom 
Norddeutschen Bunde selbst gesetzlich gar nicht bestimmt worden istl 
Die im Dezember 1870 beschlossene terminologische Verfassungs-= 
änderung, welche die Bezeichnungen „Deutsches Reich“ und „Deutscher 
Kaiser“ eingeführt hat, ist überhaupt nicht publizirt worden! 
Eine andere Eigentümlichkeit betrifft das Verhältniß zwischen 
dem völkerrechtlichen Akte der Vertragsperfektion mittels Austausches 
der Ratifikations-Urkunden und dem staatsrechtlichen Akte der Um- 
wandlung des Vertrags-Inhaltes in innerstaatliches Recht. Völker- 
und Staatsrecht stoßen hier mit ihren Ansprüchen auf einander. 
Geht die Ratifikation zeitlich der Reichstagsverhandlung 
voraus, so läuft die deutsche Reichsregierung Gefahr, durch das 
Nein des Reichstags in die Unmöglichkeit der Erfüllung gegenüber 
dem auswärtigen Staate gesetzt zu werden. Sie verpflichtet sich
	        
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