Full text: Heft 2. Verfassung des Deutschen Reiches vom 28. März 1849 und die Entwürfe der sogenannten Erfurter Unionsverfassung.

durch 
98 III. Auhang. Der Entwurf zum Reichsgrundgesetze. 
  
dürfte nur wünschen es zu seyn, und wenn durch Ereignisse, 
in welchen wir Alle die Waltung einer höhern Hand verehren, 
Vieles von dem, was früher allein die Sehnsucht des Vater- 
landsfreundes erreichte, heute in die nächste Nähe gerückt ist. — 
wehe der Staatskunst, die in solchem Augenblicke die alten 
Netze der Täuschung wieder auswerfen wollte, sie würde sich 
ihr eigenes Grab graben. Darum sind die Artikel über die 
Bedeutung des Reichs, über die Grundrechte des deutschen 
Volks und die Competenz des Reichsgerichts mit großer Ein- 
müthigteit genehmigt. . 
Allein die Notwendigkeit, welche in den Sachen belegen 
ist, führte die Mehrzahl der Versammlung einen starken Schritt 
weiter. Niemand in ihrer Mitte verbarg sich, daß in jener 
Zerstückelung, welche für unser Vaterland so traurige Früchte 
etragen hat, dennoch zugleich vielfältige Keime verborgen 
iegen, welche unzertreten bleiben müssen, wenn unsere Zukunft 
fröblich gedeihen soll. Die Bedeutung unserer Dynastieen ist 
ie Stürme weniger Wochen nicht entblättert, und eine 
edle Scham hat uns Deutsche behütet, denen zur Seite zu 
treten, welche aus dem Mißbrauche der Macht, wozu die Ver- 
suchung in jeder Menschenbrust liegt, die Nothwendigkeit folgern 
wollen, jede hervorragende Größe als ein Hinderniß der Frei- 
heit zu beseitigen. An unsere Fürstenhäuser knüpft sich nicht 
bloß die alte Gewohnheit des Gehorsams, welche sich durchaus 
nicht beliebig anders wohin übertragen läßt, sondern in Wahr- 
beit die einzige Möglichkeit, dieses weitschichtige, vielgestaltige 
eutschland allmälig in die Staatseinheit einzuführen, die 
sich aus höheren Gründen nicht länger entbehren läßt. Wenn 
es gewiß ist, daß eine Einheit in der Art, wie sie in anderen 
europäischen Reichen obwaltet, sich auf deutschem Boden nur 
durch eine unabsehliche Reihe von Gewaltthaten und Freveln, 
deren Verantwortlichkeit kein reiner Vaterlandsfreund auf sich 
nehmen möchte, zurchen ließe, so würde eben so gewiß am er- 
reichten Ziele das Gefühl einer völligen Verödung und Rath- 
losigkeit die deutschen Gemüther überwältigen; denn es wäre 
ein plötzlicher leichtsinniger Bruch mit unserer ganzen Ver- 
gangenheit. ç 
Steht so die Erblichkeit nicht bloß in der Gewissenhaftig- 
keit und der Gesinnung der Deutschen, sondern auch in ihren 
politischen Ueberzeugungen fest, so hat sich doch über die Frage, 
ob das künftige Oberhaupt Deutschlands ebenfalls erblich zu 
berufen sey, die Versammlung der Siebenzehner nicht zur Ein-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.