durch
98 III. Auhang. Der Entwurf zum Reichsgrundgesetze.
dürfte nur wünschen es zu seyn, und wenn durch Ereignisse,
in welchen wir Alle die Waltung einer höhern Hand verehren,
Vieles von dem, was früher allein die Sehnsucht des Vater-
landsfreundes erreichte, heute in die nächste Nähe gerückt ist. —
wehe der Staatskunst, die in solchem Augenblicke die alten
Netze der Täuschung wieder auswerfen wollte, sie würde sich
ihr eigenes Grab graben. Darum sind die Artikel über die
Bedeutung des Reichs, über die Grundrechte des deutschen
Volks und die Competenz des Reichsgerichts mit großer Ein-
müthigteit genehmigt. .
Allein die Notwendigkeit, welche in den Sachen belegen
ist, führte die Mehrzahl der Versammlung einen starken Schritt
weiter. Niemand in ihrer Mitte verbarg sich, daß in jener
Zerstückelung, welche für unser Vaterland so traurige Früchte
etragen hat, dennoch zugleich vielfältige Keime verborgen
iegen, welche unzertreten bleiben müssen, wenn unsere Zukunft
fröblich gedeihen soll. Die Bedeutung unserer Dynastieen ist
ie Stürme weniger Wochen nicht entblättert, und eine
edle Scham hat uns Deutsche behütet, denen zur Seite zu
treten, welche aus dem Mißbrauche der Macht, wozu die Ver-
suchung in jeder Menschenbrust liegt, die Nothwendigkeit folgern
wollen, jede hervorragende Größe als ein Hinderniß der Frei-
heit zu beseitigen. An unsere Fürstenhäuser knüpft sich nicht
bloß die alte Gewohnheit des Gehorsams, welche sich durchaus
nicht beliebig anders wohin übertragen läßt, sondern in Wahr-
beit die einzige Möglichkeit, dieses weitschichtige, vielgestaltige
eutschland allmälig in die Staatseinheit einzuführen, die
sich aus höheren Gründen nicht länger entbehren läßt. Wenn
es gewiß ist, daß eine Einheit in der Art, wie sie in anderen
europäischen Reichen obwaltet, sich auf deutschem Boden nur
durch eine unabsehliche Reihe von Gewaltthaten und Freveln,
deren Verantwortlichkeit kein reiner Vaterlandsfreund auf sich
nehmen möchte, zurchen ließe, so würde eben so gewiß am er-
reichten Ziele das Gefühl einer völligen Verödung und Rath-
losigkeit die deutschen Gemüther überwältigen; denn es wäre
ein plötzlicher leichtsinniger Bruch mit unserer ganzen Ver-
gangenheit. ç
Steht so die Erblichkeit nicht bloß in der Gewissenhaftig-
keit und der Gesinnung der Deutschen, sondern auch in ihren
politischen Ueberzeugungen fest, so hat sich doch über die Frage,
ob das künftige Oberhaupt Deutschlands ebenfalls erblich zu
berufen sey, die Versammlung der Siebenzehner nicht zur Ein-