Full text: Heft 2. Verfassung des Deutschen Reiches vom 28. März 1849 und die Entwürfe der sogenannten Erfurter Unionsverfassung.

II. Anhang. Der Entwurf zum Reichsgrundgesetze. 99 
  
stimmigkeit vereinbaren können. Die Auffassung der Mehr- 
gahl *5 die im Fortgange der Berathung stärker anwuchs, 
ist diese: 
n Von der Zeit an, da ein Reichsgrundgesetz dem deutschen 
Volk die Reichseinheit und seinen einzelnen Staaten eine Fülle 
der edelsten Freiheiten, wie sie noch kein Volk der Erde in so 
kurzem Kampfe erwarb, gewährleistete, — Freiheiten, deren 
noch weitern Fortschritt nichts hemmen wird, es wäre denn 
die eigene Besonnenheit, von dieser Zeit an muß für jeden 
Vaterlandsfreund die Bewahrung solcher unschätzbaren Güter 
vor umwälzenden Strebungen die Hauptsache seyn. Knüpft 
sich nun unser vielverzweigtes Volksleben wesentlich an den 
Fortbestand der Dynastieen Deutschlands, so darf das Reichs- 
oberhaupt, welches über dem Ganzen zu walten berufen ist, 
ebenfalls nur ein gleichartig erbberechtigtes seyn. Verlassen von 
dieser Eigenschaft, welche die Wurzel jeder menschlichen Macht 
bildet, würde es ungleich berechtigt denjenigen gegenüberstehen, 
welche, um der Wohlfahrt des Ganzen Willen, der Verpflichtung 
anerkannt haben, ihre Erbmacht seiner Hoheit unterzuordnen. 
Es würde eben darum, wenn von aus aus mächtig, das 
Reichsregiment als eine vergängliche Nebenaufgabe, nur allen- 
falls zu Hauszwecken nutzbar, betrachten und behandeln; ohne 
Hauslande aber an den höchsten Platz gestellt, wie könnte ein 
solches, bloß mit den Fictionen der Macht bekleidetes Reichs- 
oberhaupt nur anders, als in den erblichen Dynastieen seine 
geborenen Gegner erblicken? Je kraftvoller ein solches Reichs- 
oberhaupt an den ihm übertragenen Rechten hielte, um so 
gewisser sähe sich das deutsche Volk in den verderblichsten 
innern Zwiespalt, den gefährlichsten Kampf der Pflichten 
hineingerissen. Nicht unwahrscheinlich würde die eine und 
untheilbare Republik, mit einem Präsidenten an der Spitze, 
den Sieg davon tragen, aber sicherlich nur auf einem mit 
deutschen Bürgerblut bespritztem Pfade; denn es ist eine 
Fabel, die allein in der verzehrenden Unruhe der letzten 
Wochen vorübergehenden Glauben finden konnte, als sey aus 
den Herzen der Deutschen die Geltung ihrer Fürstenhäuser auf 
einmal verschwunden. Diese werden vielmehr in dem Volks- 
bewußtseyn eine um so freundlichere Stätte finden, weil sie 
dem allgemeinen Wohle schmerzliche Opfer gebracht haben. 
Darum darf der Anfang unserer neuen Ordnung keineswegs 
mit der Bestellung eines wechselnden Oberhauptes gemacht 
werden, und die Mehrzahl unserer Versammlung hat, indem 
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