Full text: Die Bundesexekution nach der Reichsverfassung.

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84. 
Was sind Bundesglieder? 
Die in der staatsrechtlichen Literatur vielfach erörterte Frage, 
ob die Reichsverfassung dem Ausdrucke „Bundesglied“ immer den— 
selben Sinn beilege, insoferne als unter „Bundesgliedern“ oder „Mit- 
gliedern des Bundes“ entweder die Bundesländer (Bundesstaaten) oder 
die Bundesfürsten und die Senate der drei Hansastädte zu verstehen 
seien, mag hier unberücksichtigt bleiben, weil beide Ansichten darin 
übereinstimmen, daß sich eine Exekution nur gegen Staaten richten 
könne. Die Antwort auf die Frage nach den Bundesgliedern ergibt 
sich ohne weiteres aus Art. 6 Abs. 1 der Reichsverfassung, wo als 
Mitglieder des Bundes die Staaten insofern genannt werden, als es 
dort heißt: „Der Bundesrat besteht aus den Vertretern der Mitglieder 
des Bundes, unter welchen die Stimmführung sich in der Weise ver- 
teilt, daß Preußen 17 Stimmen, Bayern 6 Stimmen 2c." führt. 
Wir müssen also als Bundesglieder alle, aber auch nur diejenigen 
Laband Bd. 1 S. 245. 
Zorn Rd. I S. 140. 
1. Oeydel erblicht selbstverständlich in konsequenter Durchführung seiner 
Annahme in der Bundesexekution eine dem Reiche von den souveränen Glied- 
staaten vertragsmäßig eingeräumte Gewalt. 
2. Trieps sieht in der Bundesexekutive das offensichtliche Zutagetreten des 
genossenschaftlichen Charakters. Die Exekution übertrage den Gedanken der In- 
teressenschaft auf die in Frage stehenden staatlichen Verhältnisse und stehe gleich- 
zeitig, wie mit der Annahme einer Untertanenqualität, so andererseits mit dem 
Vorhandensein eines nur obligatorischen Verhältnisses unter den Staaten im Wider- 
spruche. 
3. Hänel bezeichnet die Bundesexekution als rechtliches Mittel der Beauf- 
sichtigung. Wenn nämlich der Einzelstaat einer im Wege der Mängelabhilfe er- 
gangenen Aufsichtsverfügung den Gehorsam verweigert, dann ist die Exekhution das 
verfassungsmäßige Zwangsmittel, welches die Reichsverfassung dem Reiche gegen 
ein unbotmäßiges Bundesglied an die Hand gibt. Keineswegs können jedoch die 
Grundsätze des Strafrechtes zur Anwendung kommen, da die Exekution nicht unter 
den Gesichtspunkt einer Strafe gebracht werden kann. 
4. Schulze bezeichnet die Bundesexekution als einen Verwaltungsakt des 
Reiches, bezüglich dessen der Bundesrat als Organ der Reichsverwaltung sich mit 
dem Kaiser in die Mitwirkung teilt. 
5. Nach Wunder charakterisiert sich die Bundesexekution nicht nur als ein 
Verwaltungsakt des Reiches, sondern auch als ein Regierungsakt von weittragender 
politischer namentlich innerpolitischer Bedeutung, dessen formeller Vollzug nach der 
Reichsverfassung dem Kaiser allein zukommt, hinsichtlich dessen Anordnung aber die 
Entschließung des Kaisers wie bei allen entweder ihrer Natur nach oder infolge 
der Verhältnisse wichtigeren Akten staatsrechtlich durch die Mitwirkung des Bundes- 
rates gebunden ist und deren Betätigung er nur nach vorher eingeholter Zustim- 
mung des Bundesrates vornehmen darf. (Art. 11 Art. 24 R..) 
6. Laband faßt die Bundesexekution als nichts anderes als einen Akt 
der Administrativjustiz auf, die dem Reiche gegen die Einzelstaaten als notwendiges 
Correlat der den Einzelstaaten gewährten, umfassenden Selbstverwaltung zusteht. 
7. Zorn sieht in der Bundesexekution das einzige Zwangsmittel, welches 
dem Reiche zusteht, um Einzelstaaten bezw. deren Organe zur Erfüllung ihrer 
Bundespflichten zu veranlassen.
	        
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