Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVII. Das Staatsrecht der Freien Hansestädte Bremen und Lübeck. (27)

817 Die Zusammensetzung der Bürgerschaft. 53 
  
in dem Bezirk, in dem er seinen regelmäßigen Wohnsitz hat, sein Wahlrecht ausüben; 
doch ist die Wählbarkeit auf Mitglieder der gleichen Abteilung oder des gleichen Be- 
zirks nicht beschränkt (Lüb. Verf. Art. 24, 25). 
V. Das Wahlverfahren. 1. In Bremen geschieht die Anordnung 
und Leitung der Wahlen durch die Wahldeputation ?y. Diese bestimmt die 
Wahltermine für die einzelnen Abteilungen, die keineswegs alle an demselben Tage 
wählen. Sie fertigt die Wählerlisten an und entscheidet über Beschwerden dagegen; 
gegen eine Entscheidung, die auf Streichung von der Liste oder Ablehnung eines An- 
trags auf Aufnahme geht, steht dem Beschwerdeführer der Rechtsweg vor den ordent- 
lichen Gerichten offen 2). Sie setzt einen Wahlvorstand ein, dem ein Mitglied der 
Deputation als Vorsitzer angehören muß. 
Die Wahl ist geheim; sie geschieht durch Abgabe von Stimmzetteln. (Näheres 
Wahlordnung n. 9, 10.) Entscheidend ist die absolute Mehrheit der abgegebenen 
Stimmen; wird diese nicht erreicht, so hat binnen 14 Tagen eine engere Wahl zwi- 
schen den beiden Kandidaten, die die meisten Stimmen erhalten haben, stattzufinden. 
Der Senat veröffentlicht die Namen der Gewählten; die Deputation macht diesen 
Anzeige von ihrer Wahl y). 
Eine allgemeine Prüfung der Wahlen auf ihre Gültigkeit findet nicht 
statt. Eine Prüfung erfolgt nur bei rechtzeitig eingereichter schriftlicher Anfechtung, 
die sich sowohl gegen die Feststellung des Wahlergebnisses durch die Deputation als 
auch gegen die Gültigkeit der Wahl wegen gesetzwidriger Wahlumtriebe oder Un- 
gesetzlichkeit der Wahlhandlung richten kann; über die Anfechtung entscheidet die 
Bürgerschaft; die Entscheidung kann bei Anfechtung der Feststellung des Wahlergeb- 
nisses auch direkt zu einer Aenderung desselben führen 0. 
2. In Lübeckk) finden die regelmäßigen Ergänzungswahlen alle 2 Jahre 
in den ersten 20 Tagen des November statt, und zwar gleichzeitig an einem Tage in 
den Bezirken der Abteilungen III und IV und an einem späteren Tage in der Stadt 
und den Vorstädten. Die Tage werden vom Bürgerausschuß bestimmt, der auch 
die Wahlvorstände einsetzt 6). Alle in den einzelnen Abteilungen und Bezirken zu 
wählenden Vertreter werden in einem Wahlgange gewählt. Gewählt sind diejeni- 
C. In den Wahlen in Abt. IV werden in den Bezirken 5 und 6, 7 und 8, 9 und 10 zusammen 
je 1 Vertreter gewählt. Die gleiche Bezirkseinteilung findet sich schon in der Verf. v. 1848; sie knüpft 
an an die alte Einteilung des Gebietes in städt. Quartiere, Vorstädte und Landwehrbezirke (Bericht 
der bürg. Rev.-K. v. 1844, S. 79f.; Bruns, Verf.-Gesch., S. 15 f., 38 f.). 
1) Brem. Deputationsges. § 54 n. Die Einzelheiten, auf die hier verwiesen werden muß, 
enthält die als Anhang zu § 9 des Ges. die Bürg. betr. erlassene Wahlordnung. 
2) Wahlordnung Z. 4. Auch ein Dritter, z. B. die stadtbrem. Armenpflege, kann Beschwerde- 
führer sein. Mit der Klage wird nicht ein subjektives Recht, sondern das öffentliche Interesse am 
Zustandekommen richtiger Wahlen verfolgt. Laband, St.= I, S. 323. Aber auch Jellinek, 
System 2, S. 159 f. 
3) Der Präsident des Senats zeigt das Wahlresultat dem Bürgeramt an. Mit dem Eingang 
dieser Mitteilung beim Bürgeramt entsteht für den Gewählten das Recht zur Teilnahme an den 
Bürg.-Versammlungen (Ges. die Bürg. betr., § 11). 
4) Brem. Ges. die Bürg. betr., 8 12; Gesch. O. der Bürg., §69—71; mein Brem. Staats= und 
Verw.-R. §. 24. 
5) Die Einzelheiten, auf die auch hier Bezug genommen werden muß, finden sich in Lüb. 
Lerfl Eut. 2053 und dem Ges., das Verfahren bei der Wahl der Mitgl. der Bürg. betr., v. 9. Aug. 
6) Das Stadt= und Landamt stellt die Wählerlisten auf. Ueber Einsprachen entscheidet der 
Bürgerausschuß: Wahlges. § 1—3.
	        
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