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Gegenzeichnung sind befreit die dem Großherzog
auf Grund seiner Kontingentsherrlichkeit. zu-
stehenden Akte der militärischen Kommando-
gewalt, da diese reichsrechtlich sind und deshalb
die Ausübung nicht landesrechtlichen Beschrän-
kungen unterworfen werden kann, und Akte des
landesherrlichen Kirchenregiments, da die Kirche
ein vom Staate verschiedener Organismus ist,
und es sich hier nicht um Regierung und Ver-
waltung des Landes handelt.
Zur Geltendmachung der Ministerverantwort-
lichkeit hat man ziemlich allgemein eine Sonder-
gerichtsbarkeit für erforderlich erachtet. Eine
besondere Strafgerichtsbarkeit gegen beschuldigte
Minister würde freilich derzeit durch die Ge-
staltung des Reichsrechtes ausgeschlossen sein,
da Strafrecht und Strafverfahren von der Reichs-
gesetzgebung in Anspruch genommen werden,
und kein der Landesgesetzgebung vorbehaltener
Gegenstand in Frage kommt. Wohl aber ist eine
besondere Disziplinargerichtsbarkeit, neben der
das ordentliche Strafverfahren einhergeht, gegen-
über Ministern kraft Landesrechts möglich.
Die Regelung der Ministerverantwortlichkeit
ist erfolgt durch das Verfassungsgesetz vom
20. Februar 1868 (V.U. 8 67a—g) und das er-
gänzende Gesetz vom 11. Dezember 1869, das
Verfahren bei Ministeranklagen betreffend (G.u.
V.Bl. S. 542), ergänzt durch das E.G. vom
3. März 1879 zu den Reichsjustizgesetzen (a. a. O.
S. 91).
Voraussetzung der Anklage ist eine durch
Handlungen oder Unterlassungen wissentlich oder
aus grober Fahrlässigkeit begangene Verletzung‘
der Verfassung oder anerkannt verfassungs-
mäßiger Rechte oder schwere Gefährdung der
Sicherheit und Wohlfahrt des Staates.