Full text: Staats- und Verwaltungsrecht des Großherzogtums Baden.

24 
Gegenzeichnung sind befreit die dem Großherzog 
auf Grund seiner Kontingentsherrlichkeit. zu- 
stehenden Akte der militärischen Kommando- 
gewalt, da diese reichsrechtlich sind und deshalb 
die Ausübung nicht landesrechtlichen Beschrän- 
kungen unterworfen werden kann, und Akte des 
landesherrlichen Kirchenregiments, da die Kirche 
ein vom Staate verschiedener Organismus ist, 
und es sich hier nicht um Regierung und Ver- 
waltung des Landes handelt. 
Zur Geltendmachung der Ministerverantwort- 
lichkeit hat man ziemlich allgemein eine Sonder- 
gerichtsbarkeit für erforderlich erachtet. Eine 
besondere Strafgerichtsbarkeit gegen beschuldigte 
Minister würde freilich derzeit durch die Ge- 
staltung des Reichsrechtes ausgeschlossen sein, 
da Strafrecht und Strafverfahren von der Reichs- 
gesetzgebung in Anspruch genommen werden, 
und kein der Landesgesetzgebung vorbehaltener 
Gegenstand in Frage kommt. Wohl aber ist eine 
besondere Disziplinargerichtsbarkeit, neben der 
das ordentliche Strafverfahren einhergeht, gegen- 
über Ministern kraft Landesrechts möglich. 
Die Regelung der Ministerverantwortlichkeit 
ist erfolgt durch das Verfassungsgesetz vom 
20. Februar 1868 (V.U. 8 67a—g) und das er- 
gänzende Gesetz vom 11. Dezember 1869, das 
Verfahren bei Ministeranklagen betreffend (G.u. 
V.Bl. S. 542), ergänzt durch das E.G. vom 
3. März 1879 zu den Reichsjustizgesetzen (a. a. O. 
S. 91). 
Voraussetzung der Anklage ist eine durch 
Handlungen oder Unterlassungen wissentlich oder 
aus grober Fahrlässigkeit begangene Verletzung‘ 
der Verfassung oder anerkannt verfassungs- 
mäßiger Rechte oder schwere Gefährdung der 
Sicherheit und Wohlfahrt des Staates.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.