Full text: Die Legitimation einer usurpirten Staatsgewalt. Erste Abtheilung. (1)

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rechtlichen Statthaftigkeit einer nichtdemokratischen Staatsform, der 
aus sehr concreten Ursachen hervorgegangenen zweimaligen Vertrei- 
bung der Stuarts und den neugeschaffenen Zuständen eine wisseu- 
schaftliche Grundlage zu geben!), und während die Deutschen theils 
wohl aus Mäßigkeit der Gesinnung, theils ebenfalls im besondern 
Hinblick auf ein einzelnes Ereigniß“) sich ihnen anschlossen, — 
war für die Franzosen die Doktrinu Rousseau's von der unveräußer- 
lichen Volkssouverainität bestimmend, und sie modificirten dieselbe 
nur so weit, als der dreimal vor ihren Augen emporsteigende Im- 
perialismus und das viermal durch eine Revolution gestürzte Kö- 
nigthum, das heißt also die neuesten Entwickelungsphasen der Fran- 
zösischen Geschichte, eine theoretische Berücksichtigung verlangten “). 
Wir prüfen zunächst den Grundsatz der latenten Volkssouve- 
rainität; dann die daraus abgeleitete allgemeine Widerruflichkeit der 
Staatsgewalt eines andern Subjekts; hierauf die besonderen Vor- 
aussetzungen, an welche die erste der eben bezeichneten Richtungen 
jede Wirksamkeit des Volkswillens bindet; endlich die Mittel, durch 
welche der (angeblich oder wirklich) souveraine Wille des Volkes 
sich äußern soll. 
I. Die Anhänger der latenten Volkssouverainität nehmen nicht, 
wie Rousseau, die Unübertragbarkeit der dem Volke zustehenden 
Herrschaft an; vielmehr kann nach ihrer Ansicht auch ein anderes 
Subjekt als das Volk. die Souverainität rechtmäßigerweise inne 
haben und als ein selbstständiges Recht üben; aber ursprünglich ist 
immer das Volk Souverain, nur durch eine Uebertragung von sei- 
ner Seite kann eine beschränktere Personenzahl zur Herrschaft be- 
rufen werden, und trotz dieser Uebertragung bleibt die Substanz 
des Rechtes bei dem Volke. Aktuell ist in der Monarchie und in 
der Aristokratie die Souverainität bei dem Fürsten, resp. der herr- 
schenden Körperschaft, potentiell s. virtuell bei dem Volke — das 
139) In Betreff Milton's geht dies schon aus dem Titel seines Buchs her- 
vor; Locke sagt in der Vorrede geradezu, seine Abhandlungen würden hoffentlich 
genügen, den Thron des großen Wiederherstellers, König Wilhelm's, zu befestigen, 
und ihm den einzigen Titel aller rechtmäßigen Regierungen, die Einwilligung des 
Volks, zu vindiciren. * 
140) Ahrens, bekanntlich längere Zeit Professor in Brüssel, nennt als ge- 
schichtliches Beispiel für seine Theorie neben der Berufung des Hauses Hannover 
auf den englischen Thron die Schaffung des Belgischen Königthums. 
441) Dies gilt auch von B. Constant und Sismondi, die sich anscheinend 
mehr polemisch gegen Rousseau verhalten. 
 
	        
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