376 Zeitalter der Revolution.
Hauptheer unter Napo leon isoliert worden wäre. Bei Polozk zeichneten
sich besonders die Bayern aus, welche dort den alten General Deroy
verloren. So drang Napoleon über Wilna und Witebsk auf Smolensk
vor, während sich die beiden Flügel an der Düna, dem mittleren Dniepr
und am Bug hielten. Bei Smolensk stellte sich Barklay und ver-
thetdigte dle Stadt, welche bei einbrechender Nacht von den Franzosen
in Brand geschossen und erstürmt wurde (17. August). Während der
Nacht zog die russische Armee ab. Napoleon verfolgte sie über Walon-
tina, Dorogobusch und Wiasma, welche Orte von den Russen in Brand
gesteckt wurden. Endlich hielt die russische Armee bei Borodino; Bar-
klay hatte das Oberkommando an Kutusow abgeben müssen, der seine
Stellung durch Schanzen deckte und gegen die ermattete, durch Krank-
heiten und Nachzügler geschwächte französische Armee für die Rettung
Moskaus den Kampf wagte. Er wurde den 6. und 7. September aus-
gefochten und war mörderisch wie wenige Schlachten der neueren Zeit.
Die Russen schlugen sich heldenmüthig; die Hauptschanze wurde von den
Franzosen wiederholt genommen und verloren und nur die Ueberlegen-
heit des französischen Geschützes entschied den Sieg für Napoleon, der
das mit 40,000 Leichen bedeckte Schlachtfeld behauptete, aber die Russen
in Ordnung abziehen lassen mußte; sie wandten sich südwärts nach Ka-
luga. Am 15. September sahen Napoleons Krieger endlich das große
Moskau mit seinen tausend Kirchen und Palästen vor sich, eine Stadt
mehr astatischen als europäischen Anblicks. Sie zogen ein, die Straßen
wiederhallten vom Hufschlag der Kriegsrosse, aber kein Meusch ließ sich
sehen; viele Einwohner, die vornehmern alle, waren ausgewandert, die
Zurückgebliebenen hielten sich in ihren Wohnungen. Wie froh waren
die abgematteten, ausgehungerten, halbentblößten Soldaten, daß sie ein-
mal in dem Ort der Erholung angelangt waren! Aber bald erhob sich
da und dort in der wettläufigen Stadt eine Feuersäule, bald loderte
der Brand an 40 Stellen auf, und nun wurde es Napoleon und den
Soldoten zu ihrem Entsetzen klar: die Russen hatten ihre Hauptstadt
selbst angezündet! So war es auch; der Statthalter Rostopschin hatte
vor dem Einzug der Franzosen die Feuerspritzen untauglich gemacht, in
den öffentlichen Gebäuden leicht entzündbare Stoffe aufgehäuft und
einige hundert Verbrecher aus den Gefängnissen losgelassen, die an allen
Enden und Ecken Brand legten. Bald war die große Stadt nur ein
Feuermeer, das alles verzehrte: das ersehnte Obdach und ungeheure
Vorräthe an Kleidern und Speise (15. bis 21. Septbr.). Von den
Trümmern Moskaus unterhandelte Napoleon mit Kaiser Alerander, der
ihn einige Zeit hinhielt und dann erklärte, von keinem Frieden wissen
zu wollen, so lang noch ein Franzose auf russischem Boden stehe. Kutu-
sows Heer verstärkte sich und trieb einen Angriff Murats auf Kaluga