Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

Gründe für die Versagung der Entlassung. § 22. 121 
5. Beamten':s und Offizieren, mit Einschluß derer des Beurlaubten- 
standes, 15 bevor sie aus dem Dienste entlassen sind. 
Aus anderen als den in Abs. 1 bezeichneten Gründen darf in 
Friedenszeiten die Entlassung nicht versagt werden. Für die Zeit 
eines Krieges oder einer Kriegsgefahr bleibt dem Kaiser der Erlaß 
besonderer Anordnungens vorbehalten. 
1. Borbemerkung. 
Der § 22 zählt auf, unter welchen Voraussetzungen die Entlassung nicht 
erteilt werden darf. Aus dem Vorausgehenden wird der Leser dieses Kommen- 
tars schon genugsam erkannt haben, daß ich für das neue Reichsgesetz nur einen 
Wunsch hatte: die Entlassung ebenso beseitigt zu sehen, wie den stillschweigen- 
den Verlust durch zehnjährigen ununterbrochenen Aufenthalt im Ausland. Daß 
die letztgedachte Gesetzesvorschrift nach der mißbilligenden Außerung Sr. Majestät 
des Kaisers fallen würde, war von vornherein jedem Mitglied der Regierungs- 
kommission klar, die zur Abänderung des Gesetzes berufen worden war. 
Vielleicht wird demnächst in gleicher Weise der Gesetzesvorschrift der Ent- 
lassung das Sterbeglöcklein läuten. 
Allerdings hat bis jetzt nur ein Mitglied der Reichstagskommission gleich 
dem Prediger in der Wüste seine Stimme gegen die Entlassung laut werden 
lassen (KommBBer. S. 51); die Stelle lautet: 
„Von einem Mitglied wurde jedoch ein grundsätzlich ablehnender 
Standpunkt gegenüber der Entlassung überhaupt eingenommen; wie keinem 
Ausländer ein Recht auf Aufnahme gegeben werden könne, so dürfe auch 
keinem Deutschen ein Recht auf Entlassung gewährt werden. Es genüge 
der Verlust durch Erwerb einer neuen Staatsangehörigkeit. So sei es auch 
in England und Frankreich. Keiner habe das Recht, sich der Gemeinschaft 
zu entziehen. Seine Zugehörigkeit sei ein character indelebilis.“ 
Es ist höchst anerkennenswert, daß sich vor kurzem ein Verein gebildet hat, 
der dafür Sorge trägt, daß dem Deutschen im Ausland der ihm zukommende 
Schutz zuteil werde. Mindestens ebenso wichtig aber erscheint es mir, den 
Deutschen im Inland Schutz zu gewähren, indem der ganze Abschnitt der Ent- 
lassung aus dem Gesetze gestrichen wird. Ceterum censeo expatriationem esse 
delendam. 
2. nicht erteilt. 
Wenn Seydel-Piloty a. a. O. S. 158 § 38 Anm. 29 die Ansicht aufstellt, 
daß eine trotz dieses Verbotes erteilte Entlassung nicht ungültig sei, da das Gesetz 
diese Folge nicht ausspreche und sein Verbot zunächst nur an die Behörde richte, 
so kann dieser Meinung nur beigepflichtet werden; wenn er aber hieran die 
weitere Bemerkung knüpft, daß der auf diese Art Entlassene sich durch seine 
Auswanderung trotzdem strafbar mache, so kann dieser Behauptung nicht ohne 
weiteres zugestimmt werden. Die von der höheren Verwaltungsbehörde erteilte 
Entlassungsurkunde wird wirksam, sobald der Entlassene nach § 24 d. G. beim 
Ablauf eines Jahres nach ihrer Aushändigung das Reichsgebiet verlassen 
8 22.
	        
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