Wann die Entlassung als nicht erfolgt gilt. S æ4. 133
handeln, oder wird ihnen auf Grund des § 7 d. G. die Aufnahme zu gewähren
sein?") Die wörtliche Auslegung des § 23 Abs. 1 würde dazu führen, die Frage
im Sinne der ersteren Alternative, also des Erfordernisses der Einbürgerung,
zu beantworten; denn da nach der vorgedachten gesetzlichen Bestimmung der
Verlust der Staatsangehörigkeit mit dem Zeitpunkte der Aushändigung der
Entlassungsurkunde eintritt, so wird der Entlassene, der nicht zuvor Angehöriger
eines anderen Bundesstaates geworden ist, im rechtlichen Sinne Ausländer.
Eine derartige wörtliche Auslegung ist aber von dem Gesetzgeber wohl kaum
beabsichtigt worden. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zu diesem
Paragraphen (S. 28), die mit den Motiven des Gesetzes vom 1. Juni 1870,
§ 18, völlig übereinstimmt, sollten durch den § 24 nur die fingierten Auswande-
rungen und die damit von dem Auswandernden oder seinen Familienmit-
gliedern bezweckte Umgehung der Militärpflicht getroffen werden. Ist eine
solche nicht nachweisbar, hat vielmehr der Betreffende nur aus Unkenntnis
der einschlägigen gesetzlichen Bestimmung die Entlassung erwirkt, ohne zuvor
die Angehörigkeit zu demjenigen Bundesstaate erworben zu haben, in den
er überwandern will oder schon übergewandert ist, so würde es eine mit
dem Geiste des Gesetzes nicht vereinbarte Härte bedeuten, wenn der Betreffende
binnen der einjährigen Frist als Ausländer betrachtet werden sollte und dem-
gemäß nur auf Grund des § 8 die Einbürgerung unter erschwerenden Be-
dingungen erwerben könnte, während ihm, wenn die Entlassung nach Ablauf
der einjährigen Frist unwirksam geworden ist, die Aufnahme in Gemähheit
des § 7 auf sein Ansuchen ohne weiteres erteilt werden muß. Es würde dem-
nach nur als durchaus berechtigt anzuerkennen sein, wenn solchen Personen die
Aufnahme auf Grund des § 7 gewährt würde; es ist dabei als selbstverständlich
vorausgesetzt, daß die Betreffenden beim Ablauf des Jahres sich endgültig im
Inland aufhalten.
Eine diese Frage entscheidende Verfügung ist seitdem von allen Bundes-
regierungen und dem kaiserlichen Statthalter in Elsaß-Lothringen ergangen,
wie durch einen Runderlaß des preuß. Min. d. J. vom 8. Februar 1896 bekannt-
gemacht wird. Der Runderlaß (MBl. i. V. 1896 S. 22) lautet:
„In den deutschen Bundesstaaten hat bisher eine Verschiedenheit in
der Behandlung der Aufnahme- und Entlassungsgesuche solcher Personen
bestanden, die von der Staatsangehörigkeit eines Bundesstaats zu der einer
anderen überzutreten beabsichtigen. Um in dieser Beziehung ein einheit-
liches Verfahren herbeizuführen, haben die Bundesregierungen und der
Kaiserliche Statthalter in Elsaß-Lothringen nunmehr vereinbart, daß Per-
sonen, die aus der Staatsangehörigkeit eines Bundesstaates entlassen worden
sind und vor Ablauf von 6 Monaten nach Aushändigung der Entlassungs-
)0Die die Entlassung erteilenden Verwaltungsbehörden müßten eigent-
lich die Antragsteller auf die Tragweite der im § 23 enthaltenen Bestimmungen
aufmerksam machen und ihnen darlegen, daß es bei beabsichtigter Überwande-
rung in einen anderen Bundesstaat zweckmäßig ist, zuvörderst in diesem ihre
Aufnahme zu erwirken und erst dann ihre Entlassung aus der bisherigen Staats-
angehörigkeit nachzusuchen.
8 24.