Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

238 Anhang. Anlage Nr. 10. 
Dieses Verfahren ist zunächst Bayern, Württemberg und Baden 
gegenüber, auf welche nach den mir erstatteten Berichten die erwähnte 
Voraussetzung zutrifft, in Anwendung zu bringen, während die bisherige 
Handhabung des Gesetzes den übrigen Bundesstaaten gegenüber so lange 
beizubehalten ist, als diese sich nicht der von den erstgenannten Bundes- 
staaten dem Gesetz gegebenen Auslegung und Anwendung uns gegen- 
über anschließen. Ehe indessen die bisherige Praxis einem anderen 
Bundesstaate, als den drei erstgenannten gegenüber verlassen werden 
darf, ist unter Darlegung des hierzu Veranlassung gebenden Falles 
meine Entscheidung einzuholen. 
Im übrigen sind die oben unter 1 bis 4 mitgeteilten Grundsätze 
bei der Ausführung des § 3 Absatz 2 des Freizügigkeitsgesetzes in An- 
wendung zu bringen, nach welchen nunmehr einheitlich im Reiche ver- 
fahren werden wird, was einen nicht zu verkennenden Vorteil gegenüber 
dem bisherigen Zustand bedeutet. Insbesondere ist es von Wert, daß 
in Zukunft bezüglich des Verfahrens bei den hier in Frage kommenden 
Ausweisungen die diesbezüglichen Bestimmungen des Gothaer Vertrages 
wieder allgemein beobachtet werden. 
In dieser Beziehung bemerke ich, daß vor Erteilung der nach § 8 
des Vertrages einzuholenden Zustimmung zur Ausführung einer Aus- 
weisung auf Grund des § 3 Absatz 2 die diesseitige Landespolizeibehörde, 
welche hier zuständig bleibt, zu prüfen hat, ob, abgesehen von der oben 
erwähnten, nicht beseitigten Verschiedenheit in der Auslegung des Ge- 
setzes, dessen Voraussetzungen nach den aufgestellten Grundsätzen in dem 
betreffenden Falle vorliegen. Führt die Prüfung zu diesem Ergebnis, 
so ist die Zustimmung nicht zu versagen, wenn der Ausgewiesene die 
preußische Staatsangehörigkeit oder in Preußen einen Unterstützungs- 
wohnsitz besitzt. Ohne weiteres ist die Zuführung eines Ausgewiesenen 
zulässig, wenn er die erwähnten Rechte in einem dritten Bundesstaate 
besitzt, welchem er nicht wohl anders als durch preußisches Gebiet zuge- 
führt werden kann, was umgekehrt auch bei Ausweisungen aus dies- 
seitigem Gebiete zu beachten ist. In einem solchen Falle bedarf es also 
nicht der Zustimmung des mittleren, sondern des zurückliegenden Bundes- 
staates, nach dessen Gebiet die Ausweisung gerichtet ist. 
Dem Belieben des ausweisenden Bundesstaates ist es nach den 
vereinbarten Grundsätzen überlassen, ob er den Ausgewiesenen nach 
seinem Heimatsstaate oder nach demjenigen Staate befördern will, in 
welchem der Ausgewiesene einen Unterstützungswohnsitz (Heimatrecht in 
Bayern) besitzt. Die Wahl wird nach Zweckmäßigkeitsrücksichten und 
u. a. danach zu treffen sein, für welches der beiden Rechte der Nach- 
weis am leichtesten und zuverlässigsten in dem betreffenden Falle erbracht 
werden kann.
	        
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