238 Anhang. Anlage Nr. 10.
Dieses Verfahren ist zunächst Bayern, Württemberg und Baden
gegenüber, auf welche nach den mir erstatteten Berichten die erwähnte
Voraussetzung zutrifft, in Anwendung zu bringen, während die bisherige
Handhabung des Gesetzes den übrigen Bundesstaaten gegenüber so lange
beizubehalten ist, als diese sich nicht der von den erstgenannten Bundes-
staaten dem Gesetz gegebenen Auslegung und Anwendung uns gegen-
über anschließen. Ehe indessen die bisherige Praxis einem anderen
Bundesstaate, als den drei erstgenannten gegenüber verlassen werden
darf, ist unter Darlegung des hierzu Veranlassung gebenden Falles
meine Entscheidung einzuholen.
Im übrigen sind die oben unter 1 bis 4 mitgeteilten Grundsätze
bei der Ausführung des § 3 Absatz 2 des Freizügigkeitsgesetzes in An-
wendung zu bringen, nach welchen nunmehr einheitlich im Reiche ver-
fahren werden wird, was einen nicht zu verkennenden Vorteil gegenüber
dem bisherigen Zustand bedeutet. Insbesondere ist es von Wert, daß
in Zukunft bezüglich des Verfahrens bei den hier in Frage kommenden
Ausweisungen die diesbezüglichen Bestimmungen des Gothaer Vertrages
wieder allgemein beobachtet werden.
In dieser Beziehung bemerke ich, daß vor Erteilung der nach § 8
des Vertrages einzuholenden Zustimmung zur Ausführung einer Aus-
weisung auf Grund des § 3 Absatz 2 die diesseitige Landespolizeibehörde,
welche hier zuständig bleibt, zu prüfen hat, ob, abgesehen von der oben
erwähnten, nicht beseitigten Verschiedenheit in der Auslegung des Ge-
setzes, dessen Voraussetzungen nach den aufgestellten Grundsätzen in dem
betreffenden Falle vorliegen. Führt die Prüfung zu diesem Ergebnis,
so ist die Zustimmung nicht zu versagen, wenn der Ausgewiesene die
preußische Staatsangehörigkeit oder in Preußen einen Unterstützungs-
wohnsitz besitzt. Ohne weiteres ist die Zuführung eines Ausgewiesenen
zulässig, wenn er die erwähnten Rechte in einem dritten Bundesstaate
besitzt, welchem er nicht wohl anders als durch preußisches Gebiet zuge-
führt werden kann, was umgekehrt auch bei Ausweisungen aus dies-
seitigem Gebiete zu beachten ist. In einem solchen Falle bedarf es also
nicht der Zustimmung des mittleren, sondern des zurückliegenden Bundes-
staates, nach dessen Gebiet die Ausweisung gerichtet ist.
Dem Belieben des ausweisenden Bundesstaates ist es nach den
vereinbarten Grundsätzen überlassen, ob er den Ausgewiesenen nach
seinem Heimatsstaate oder nach demjenigen Staate befördern will, in
welchem der Ausgewiesene einen Unterstützungswohnsitz (Heimatrecht in
Bayern) besitzt. Die Wahl wird nach Zweckmäßigkeitsrücksichten und
u. a. danach zu treffen sein, für welches der beiden Rechte der Nach-
weis am leichtesten und zuverlässigsten in dem betreffenden Falle erbracht
werden kann.