Full text: Central-Blatt für das Deutsche Reich. Achter Jahrgang. 1880. (8)

                                                  — 204 — 
                                                        §. 4. 
Die beiden richterlichen Mitglieder, welche, abgesehen von dem Vorsitzenden, sich bei einer mündlichen 
Verhandlung unter den theilnehmenden Mitgliedern befinden müssen (§ 89 Absatz 2 des Reichsgesetzes vom 
31. März 1873), werden durch die aus dem Dienstalter sich ergebende Reihenfolge derhestalt bestimmt, daß 
die älteren Mitglieder vor den jüngeren zur Theilnahme berusen sind. 
Ist ein an der Reihe befindliches richterliches Mitglied an der Theilnahme verhindert oder an Stelle 
des verhinderten Präsidenten zur Uebernahme des Vorsitzes berufen (S. 89 a. a. O.), so wird es durch 
dasjenige richterliche Mitglied ersetzt, welches von den für die zunächst folgende Sitzung zur Theilnahme 
bestimmten richterlichen Mitgliedern das ältere ist. Die ursprüngliche Reihenfolge wird dadurch nicht 
unterbrochen. 
                                                            §. 5. 
Der Präsident bestimmt die Mitglieder, welche außer den richterlichen Mitgliedern bei einer münd- 
lichen Verhandlung an der Sitzung theilzunehmen haben (§. 89 a. a. O.). 
Wird hierzu ein richterliches Mitglied bestimmt, so ist die aus §. 4 sich ergebende Reihenfolge ein- 
zuhalten. Die Theilnahme wird in der Reihenfolge gezählt. Die nicht richterlichen Mitglieder sind hunlichst 
aus dem Verwaltungszweige zu wählen, welchem  Angeschuldigte angehört. 
                                                           §.  6. 
Bei Entscheidungen und Beschlüssen, welch auf Grund einer mündlichen Verhandlung erlassen 
werden, dürfen nur Mitglieder mitwirken, vor welchen die mündliche Verhandlung stattgefunden hat. 
                                                              §.  7. 
Soweit in einer Sitzung nicht mündlich ve ha edelt wird, ist kein Mitglied von der Mitwirkung in 
derselben ausgeschlossen. Sämmtliche Mitglieder sind zu solchen Sitzungen einzuladen. Bei der Einladung 
hat der Präsident die Mitglieder zu bezeichnen, welche theilzunehmen verpflichtet sind. 
In dringenden Fällen bedarf es der Einladung derjenigen Mitglieder nicht, deren Benachrichtigung 
zu einer nachtheiligen Verzögerung führen würde. 
                                                            §. 8. 
Ein Mitglied, welches zu einer Sitzung, worin eine mündliche Verhandlung stattfinden soll oder zu 
einer anderen Sitzung unter der Verpflichtung zur Theilnahme (§.7 Absatz 1 am Ende) einberufen ist, hat im 
Falle der Verhinderung diese zeitig vor der Sitzung dem Präsidenten anzuzeigen. 
Jedes Mitglied hat dem Präsidenten von dem Urlaube Anzeige zu machen, welcher ihm in Bezug 
auf die von ihm bekleideten Reichs= oder Staatsämter bewilligt wird. Eine gleiche Anzeige muß erfolgen, 
wenn ein Mitglied an der Wahrnehmung seines Amtes dauernd verhindert ist. 
                                                      §. 9. 
Der Präsident leitet die Berathung, stellt die Fragen und sammelt die Stimmen. 
Im Falle einer Meinungsverschiedenheit über die Stellung der Fragen oder über das Ergebniß der 
Abstimmung entscheidet das Kollegium. Die Entscheidungen erfolgen nach der absoluten Mehrheit der Stim- 
men. Bilden sich in einer Sache, von der Schuldfrage abgesehen, mehr als zwei Meinungen, deren keine 
die Mehrheit für sich hat, so werden die dem Angeschuldigten nachtheiligsten Stimmen den zunächst minder 
nachtheiligen so lange hinzugerechnet, bis sich eine Mehrheit ergiebt. 
Die Abstimmungen im Kollegium erfolgen in nachstehender Reihenfolge: 
Zuerst stimmt der Dezernent oder Referent, nach dem Referenten der etwa ernannte Korreferent; 
im übrigen bestimmt sich die Reihenfolge der Abstimmung nach dem Dienstalter, so zwar, daß das jüngste 
Mitglied zuerst stimmt. Der Präsident giebt seine Stimme zuletzt ab. Bei Stimmengleichheit ist die Stimme 
des Präsidenten entscheidend. 
                                                         §. 10. 
» Das Dienstalter der Mitglieder bestimmt sich nach dem Tage der Ernennung zum Mitgliede der 
Disziplinarkammer. Bei gleichzeitiger Ernennung giebt das höhere Lebensalter den Ausschlag. 
                                                        §. 11. 
Verfügungen, welche eine sachliche Entscheidung nicht enthalten, insbesondere diejenigen, welche nur 
die Leitung eines anhängigen Disziplinarverfahrens betreffen, werden ohne Vortrag im Kollegium von dem 
Präsidenten oder unter dessen Zustimmung von demjenigen Mitgliede erlassen, welchem die Bearbeitung der
	        
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