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8. 81.
Der Besitzer der unter Gehöftsperre gestellten Thiere, oder der Vertreter desselben ist anzuhalten,
von dem Auftreten verdächtiger Krankheitserscheinungen bei einem Thiere sofort der Polizeibehörde eine An-
zeige zu machen und die erkrankten Thiere im Stalle zu behalten.
Auf diese Anzeige hat die Polizeibehörde unverzüglich eine Untersuchung der Thiere durch den be-
amteten Thierarzt zu veranlassen.
8. 82.
Die Einführung von gesundem Rindvieh in das Seuchengehöft darf ohne ausdrückliche Erlaubniß
der Polizeibehörde nicht stattfinden. Diese Erlaubniß ist nur dann zu ertheilen, wenn die einzuführenden
Thiere in einem isolirten und erforderlichenfalls vorher vorschriftsmäßig desinfizirten Stalle untergebracht
werden, und wenn nach der Art der Verwendung und Verpflegung dieser Thiere jede unmittelbare oder
mittelbare Berührung derselben mit dem verdächtigen Vieh ausgeschlossen werden kann.
8. 83.
Gewinnt die Seuche in einer Ortschaft eine größere Verbreitung, so kann die Polizeibehörde den
Seuchenort oder einzelne Ortstheile gegen die Ausführung von Rindvieh absperren. In diesem Falle ist
von der Polizeibehörde für die Dauer der Ortssperre die Abhaltung von Rindviehmärkten in dem Seuchen-
orte zu verbieten.
8. 84.
Bricht die Seuche auf der Weide unter solchem Rindvieh aus, welches ständig auf der Weide ge-
halten wird, so hat die Polizeibehörde die Tödtung der erkrankten Thiere nach der Vorschrift im §. 79 an-
zuordnen und wenn die Umstände des einzelnen Falles es zulassen, die Weidefläche gegen den Abtrieb des
Weideviehes und gegen den Zutrieb von Rindvieh abzusperren.
Bei der Anordnung der Weidesperre ist dafür Sorge zu tragen, daß das abgesperrte Vieh mit dem
Rindvieh anderer Weiden nicht in Berührung kommen kann.
Die abgesperrte Weidefläche ist mit Tafeln versehen, welche die Inschrift „Lungenseuche“ führen.
Ist die Absperrung der Weidefläche nicht ausführbar, so ist das verdächtige Weidevieh der Absperrung
in anderweiten Oertlichkeiten zu unterwerfen.
§. 85.
Wird die Seuche bei Thieren, welche sich auf dem Transporte befinden, festgestellt, so hat die Polizei-
behörde das Weitertreiben zu verbieten, die Tödtung der erkrankten und die Absperrung der verdächtigen
Thiere anzuordnen.
Beim Transport auf Eisenbahnen kann die Weiterbeförderung bis zu dem Orte gestattet werden,
an welchem die Thiere durchseuchen oder abgeschlachtet werden sollen; jedoch ist dafür Sorge zu tragen, daß
eine Berührung mit anderem Rindvieh ausgeschlossen wird.
8. 86.
Die Polizeibehörde kann die Ausführung des der polizeilichen Beobachtung oder den Absperrungs-
maßregeln unterworfenen, der Ansteckung verdächtigen Rindviehs zum Zwecke sofortiger Abschlachtung gestatten:
1. nach benachbarten Ortschaften;
2. nach in der Nähe liegenden Eisenbahnstationen behufs der Weiterbeförderung nach solchen Schlacht-
viehhöfen oder öffentlichen Schlachthäusern, welche unter geregelter veterinärpolizeilicher Aufsicht
stehen, vorausgesetzt, daß die Thiere diesen Anstalten direkt mittelst der Eisenbahn oder doch von
der Abladestation aus mittelst Wagen zugeführt werden.
Durch vorgängige Vereinbarung mit der Eisenbahnverwaltung oder durch unmittelbare polizeiliche
Begleitung ist dafür Sorge zu tragen, daß eine Berührung mit anderem Rindvieh auf dem Transporte nicht
stattfinden kann.
Auch ist der Polizeibehörde des Schlachtortes zeitig von der Zuführung des der Ansteckung ver-
dächtigen Viehes Kenntniß zu geben.
Das Abschlachten des der Ansteckung verdächtigen Viehes muß unter polizeilicher Aufsicht erfolgen.
Die durch die Vorschriften dieses Paragraphen den Polizeibehörden ertheilte Ermächtigung erstreckt
sich nicht auf das an der Lungenseuche erkrankte oder der Seuche verdächtige Rindvieh.