Object: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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geschäftsfähig sein. Dagegen braucht die 
Partei, welche nicht Erblasser ist, also 
beim einseitigen Ev der eingesetzte Erbe, 
die volle Geschäftsfähigkeit nicht zu be- 
sitzen. Es gelten insoweit die allgemei- 
nen Grundsätze. 
Können danach beschränkt Geschäfts- 
fähige selbst mit Zustimmung ihrer ge- 
setzlichen Vertreter als Erblasser regel- 
mäßig einen Ev nicht schließen, so sind 
hiervon Verlobte und Ehegatten ausge- 
nommen, Diese können unter sich, auch 
wenn sie beschränkt geschäftsfähig sind, 
mit Zustimmung des gesetzlichen Vertre- 
ters einen Ev schließen, der, wenn der 
gesetzliche Vertreter ein Vormund ist, der 
Genehmigung des Vormundschaftsge- 
richts bedarf. 
Der Ev kann von dem Erblasser nur 
persönlich geschlossen werden; dieser 
darf sich nicht vertreten lassen. Der an- 
dere Kontrahent dagegen braucht nicht 
persönlich zu erscheinen; seine Vertre- 
tung ist unbeschränkt zulässig. 
Hinsichtlich der Form des Ev gilt fol- 
gendes: 
I. Er kann nur vor einem Richter oder 
Notar bei gleichzeitiger Anwesenheit bei- 
der Teile und nur in den Formen des or- 
dentlichen öffentlichen Testaments ge- 
schlossen werden. Eine dem Privattesta- 
ment oder den außerordentlichen Testa- 
menten entsprechende Form des Ev gibt 
es nicht. 
II. Eine Formerleichterung ist gewährt 
für einen Ev zwischen Ehegatten und Ver- 
lobten, der mit einem Ehevertrag in der- 
selben Urkunde verbunden wird. In die- 
sem Falle genügt auch für den Ev die für 
den Ehevertrag vorgeschriebene Form, 
also Abschluß vor Gericht oder Notar bei 
gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile, 
ohne daß die Zuziehung des Gerichts- 
schreibers, eines zweiten Notars oder 
zweier Zeugen erforderlich ist. 
III. Die für Testamente vorgeschriebene 
Verschließung und amtliche Verwahrung 
soll auch bei Ev erfolgen, aber unterblei- 
ben, wenn die Vertragschließenden es 
verlangen. Dies ist anzunehmen, wenn 
der Ev mit einem anderen Vertrag, z. B. 
einem Ehevertrag, in derselben Urkunde 
verbunden wird. Über den in besondere 
amtliche Verwahrung genommenen Ev 
soll jedem Vertragschließenden ein Hin- 
terlegungsschein erteilt werden. 
IV. Die Eröffnung des Ev geschieht im 
  
Erbvertrag. 
wesentlichen nach den für die Eröffnung 
der Testamente bestehenden Vorschriften. 
In einem Ev können vertragsmäßig nur 
Erbeseinsetzungen, Vermächtnisse und 
Auflagen festgesetzt werden. Damit ist 
die Aufnahme anderer letztwilliger Be- 
stimmungen, z. B. der Einsetzung eines 
Testamentsvollstreckers, in den Ev nicht 
ausgeschlossen. Doch gelten derartige 
Festsetzungen nicht als vertragsmäßige, 
so daß sie wie die in einem Testament 
getroffenen widerrufen werden können. 
Durch den Ev werden frühere letztwil- 
lige Verfügungen des Erblassers aufgeho- 
ben, soweit sie das Recht des letztwillig 
Bedachten beeinträchtigen würden, In 
dem gleichen Umfange sind auch spätere 
letztwillige Verfügungen unwirksam. 
Für die Rechtsgeschäfte unter Leben- 
den dagegen bleibt der Erblasser frei ver- 
fügungsfähig, da der Vertragserbe nur 
dasjenige Vermögen zu beanspruchen hat, 
welches im Augenblick des Todes des 
Erblassers vorhanden ist. Jedoch darf die- 
ser nicht absichtlich das Recht des Be- 
dachten beeinträchtigen: 
Hat er dies durch Schenkungen getan, 
so kann der Vertragserbe noch 3 Jahre 
nach dem Anfall der Erbschaft an ihn von 
dem Beschenkten die Herausgabe des Ge- 
schenks nach den Vorschriften über die 
Herausgabe einer ungerechtfertigten Be- 
reicherung verlangen. 
Hat der Erblasser den Gegenstand 
eines vertragsmäßig angeordneten Ver- 
mächtnisses in der Absicht, den Vermächt- 
nisnehmer zu benachteiligen, beiseitege- 
schafft oder beschädigt, so kann dieser 
von dem Erben den Wert des Gegenstan- 
des verlangen. Hat der Erblasser aber 
den Gegenstand in benachteiligender Ab- 
sicht veräußert oder belastet, so ist der 
Erbe zur Beschaffung des Gegenstandes 
oder seines Wertes oder zur Beseitigung 
der Belastung verpflichtet. Ist die Veräu- 
Berung oder Belastung schenkweise er- 
folgt, so hat der Vermächtnisnehmer, so- 
weit er vom Erben keinen Ersatz erlangt, 
Anspruch auf Herausgabe des Geschenks 
gegen den Beschenkten nach den über 
die Herausgabe einer ungerechtfertigten 
Bereicherung geltenden Grundsätzen. 
Wenn der Ev seiner Wirkung nach auch 
grundsätzlich unwiderruflich ist, so ist 
doch die Vereinbarung des absoluten Aus- 
schlusses jedes Widerrufs oder jeder Auf- 
hebung nichtig. Denn wie von Testamen-
	        
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