Full text: Zentralblatt für das Deutsche Reich. Sechsunddreißigster Jahrgang. 1908. (36)

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Der nicht als Tierarzt approbierte Beschauer darf die Erlaubnis zur Schlachtung nur dann 
erteilen, wenn das Allgemeinbefinden des Tieres nicht wesentlich gestört ist (§ 11). Die selbständige 
Beurteilung des Fleisches darf er nur dann übernehmen, wenn sämtliche Körperteile auch nach 
24 Stunden noch stark gelb oder gelbgrün gefärbt, oder wenn die Tiere abgemagert sind (5 30 Nr. 2). 
In diesen Fällen ist der ganze Tierkörper für untauglich zum Genusse für Menschen zu erklären (§ 33 
Abs. 1 Nr. 12). 
32. Geschwülste. 
Geschwülste sind knotige Neubildungen, welche sich in den Organen ohne vorausgegangene 
Entzündung entwickelt haben. Zu den eigentlichen Geschwülsten sind daher die durch pflanzliche oder 
tierische Schmarotzer entstandenen Gebilde, wie die Tuberkel und die Strahlenpilzknoten, der viel- 
kammerige Hülsenwurm und dergleichen nicht zu zählen. « 
Man unterscheidet gutartige und bösartige Geschwülste. Erstere zeigen keine Neigung zur 
Ausbreitung auf andere Organe, während die bösartigen Geschwülste in das umgebende Gewebe hinein— 
wuchern und sich häufig auf dent Wege der Lymph- und Blutbahnen im Körper verbreiten. Ortlich 
begrenzt ist eine Geschwulst, wenn von ihr nur ein bestimmter Körperteil mit oder ohne zugehörige 
Lymphdrüsen befallen ist. 
Auf die Fleischbeschau bei örtlich begrenzten Geschwülsten (§ 35 Nr. 2) findet die Bemer- 
kung zu Nr. 19 (Strahlenpilzerkrankung) sinngemäße Anwendung. 
33. Blutungen. 
Der Austritt von Blut aus den Blutgefäßen in das Gewebe oder in Körperhöhlen entsteht 
entweder durch Verletzung eines oder mehrerer Blutgefäße, durch Schnitte, Stiche, Quetschungen, Zer- 
reißungen, Knochenbrüche oder durch andere Ursachen. Die Blutungen der ersteren Art, das heißt die 
durch mechanische Ursachen frisch entstandenen, erkennt man daran, daß lediglich das Muskelfleisch 
oder das Bindegewebe von dunkelrotem, nicht übelriechendem Blute in mehr oder weniger großer Aus- 
dehnung durchtränkt ist. Die Blutungen der letzteren Art treten besonders bei Erkrankungen des Blutes 
auf und sind entweder klein und umschrieben oder umfangreich und kommen besonders an den Schleim- 
häuten und den serösen Häuten (vor allem am Brustfell und dem serösen Uberzuge des Herzens), an 
der äußeren Haut und der Unterhaut vor. 
Bei Vorhandensein von Blutungen, die auf mechanischem Wege entstanden sind, hat der nicht 
als Tierarzt approbierte Beschauer nur die veränderten Fleischteile als untauglich zum Genusse für 
Menschen zu bezeichnen (§ 30 Nr. 1 k und § 35 Nr. 9 und 15); das übrige Fleisch ist als tauglich 
zum Genusse für Menschen zu erklären, sofern nicht ein anderer Beanstandungsgrund vorliegt. Bei 
Blutungen, welche nicht auf mechanischem Wege entstanden sind, steht die Beurteilung des Fleisches 
dem Tierarzte zu (§ 31). 
34. Geruchs= und Geschmacksabweichungen des Fleisches. 
1. Geruch und Geschmack nach bestimmten Futtermitteln. Das Fleisch von Schweinen, 
welche reichlich mit Fischen oder Spülicht gefüttert worden sind, riecht und schmeckt oft fischig und 
tranig, oder fade und ranzig. Diese Abweichungen treten häufig erst nach dem Kochen hervor. In 
höheren Graden ist der Geruch widerlich und das Fettgewebe grau oder gelb verfärbt und erweicht. 
2. Der Geschlechtsgeruch. Das Fleisch von Ebern und von sogenannten Binnen= oder 
Spitzebern, seltener von älteren kastrierten Ebern sowie das Fleisch von Ziegenböcken, zuweilen auch 
von Widdern, besitzt meist einen eigentümlichen, mehr oder weniger auffallenden, unangenehmen Geruch 
und Geschmack, der jedoch beim Erkalten des Fleisches stark zurücktritt. "« 
3. Der Geruch nach Arzneimitteln, Desinfektionsmitteln und dergleichen. Viele 
Arzneimittel können ihren Geruch dem Fleische mitteilen. Hierher gehören insbesondere Kampfer, 
Petroleum, Ather, Terpentinöl, Kümmelöl, Anisöl, Chlorpräparate und Karbolsäure. Ein Teil dieser 
Stoffe macht sich auch dann im Fleische bemerkbar, wenn dieselben mit der Atmungsluft aufgenommen 
wurden. Ferner zieht das Fleisch geschlachteter Tiere Gerüche an und hält sie fest. Die Geruchs- 
abweichungen können erheblich (widerlicher Geruch) oder wenig auffallend sein. 
. Behufs Feststellung der Geruchsabweichungen ist in Zweifelsfällen die Kochprobe vor— 
zunehmen. Zu diesem Zwecke wird aus dem Muskelfleisch ein flaches, etwa handtellergroßes Stück
	        
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