Allerlei Brauch und Glauben. 89
363. Wenn einem ein Leichenwagen oder ein Kranz ent-
gegenkommt, muß man an der linken Seite vorbeigehen, um
kein Unglück zu haben; an einem Heuwagen ebenfalls an
der linken Seite, um Glück zu haben.
364. Für die Bedeutung des Ohrklingens gilt die Regel:
Recht macht schlecht, link macht flink.
(Mühler IV., Lpz.)
365. Was man träumt, wenn man die erste Nacht in einem
fremden Nachtlager oder neuen Wohnsitze schläft, das trifft ein.
(Seyfarth IIIb., Lpz.)
366. Einem Kinde dürfen Nägel und Haare nicht ver-
schnitten werden, ehe es 1 Jahr ist. Auch darf es vordem
nicht in den Spiegel sehen. Sonst stirbt es.
(Schilling 1 a., Taucha.)
367. Man soll sich die Haare bei zunehmendem Mond
schneiden lassen, dann wachsen sie schnell wieder.
(Schilling Ia., Lpz.)
368. Wenn ein junges Mädchen zwischen zwei Schwestern
zu sitzen kommt, und zwar so, daß es die ältere zur Linken hat,
hat es bald Hochzeit. (Krömer Ib., Lpz. Ebenso das folgende.)
369. Wenn einem eine Braut entgegenkommt, hat man Glück.
370. Wenn man am Freitag recht viel lacht, so muß man
am darauffolgenden Sonntage weinen, d. h. man erfährt
etwas Betrübendes. (Seyfarth IIIb., Lyz.)
371. Wenn in einem Hause etwas gestohlen ist, und der
Verdacht lenkt sich auf mehrere Personen, so erforscht man
die schuldige so: Man nimmt einen möglichst alten Erb-
schlüssel, bindet ihn in ein Gesangbuch fest und legt den
Schlüsselgriff auf seine zwei vorgestreckten Mittelfinger, dann
nennt man die Verdächtigen. Bei der Diebin fällt der
Schlüssel herunter.
(Hordorff IIIb. Von der Großmutter. Diese war selbst
bestohlen und that obiges auf Rat einer alten Frau. Die
Entdeckung des Diebes gelang).