Full text: Regierung und Volkswille.

Konsular- Verfassung. 101 
und diese nur auf ein Jahr; sie wurden Konsuln (ursprüng- 
lich Prätoren) genannt. Im übrigen aber bleibt die höchste 
Gewalt, was sie ist, nur beschränkt dadurch, daß sie sich 
zwischen zwei teilt, von denen jeder das Recht hat, dem 
anderen eine Interzession anzusagen, d. h. eine Amts- 
handlung zu verhindern, und mit der Verpflichtung, am 
Schluß des Jahres das Amt zugunsten eines Nachfolgers 
niederzulegen. Diese beiden Konsuln sollten gewählt werden 
durch das Heer, d. h. also, durch das militärisch organisierte 
Volk, durch die Plebs. 
Mit der Konsulatsverfassung kommt in die römische 
Verfassung, die bisher rein aristokratisch- monarchisch ist, das 
demokratische Element als unausweichliche Folge der kriege- 
rischen Organisation des Volkes, die auf die Länge not- 
wendig eine politische Geltendmachung hervorbringt. Wir 
haben von nun an in der römischen Verfassung ein Doppel- 
spiel: Das hohe Beamtentum, das Konsulat, das sich 
nachher noch in weitere Amter differenziert, und die Volks- 
versammlung, die diese Konsuln wählt, besser ausgedrückt: 
designiert. Denn das römische Staatsrecht besagt nicht 
etwa, daß der, den das Volk gewählt hat, nun Konsul ist, 
wie bei uns ein Reichstagsabgeordneter gewählt ist an 
dem Tage, wo der Wahlkommissar festgestellt hat: die 
Mehrheit ist für ihn gewesen — sondern der Konsul tritt in 
sein Amt erst dadurch, daß der Vorgänger ihm unter ge- 
wissen heiligen Zeichen und Kulthandlungen seine Gewalt 
übergibt. Wenn der vorige Konsul nicht niederlegte, so 
könnte der neue nicht antreten, dann hätte er nicht den 
heiligen Charakter und die wahre Autorität seines Amtes. 
Wir haben also in Rom eine sich selbst fortpflanzende, 
von den Göttern, nicht vom Volke, stammende, höchste 
obrigkeitliche Gewalt in Wechselwirkung mit einer Demo-
	        
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