120 Die englische Verfassung
bildet*). Der konservative Gedanke stützt sich vornehmlich auf
die Kirche. Die Tories sind die staatskirchliche, die angli-
kanische Partei, die sich freilich von König Jakob lI. hat
trennen müssen — ganz gegen ihren eigenen Wunsch
und innere Überzeugung — weil König Jakob das Land
wieder katholisch machen wollte. Da widersetzt sich die
religiöse überzeugung und zwingt die Tories, mit den Whigs
zusammenzuarbeiten, um König Jakob lI. zu entfernen, und
es ist nun sehr merkwürdig, wie die beiden Parteien
von Punkt zu Punkt nach Kompromissen suchen, um das
legitimistische und das revolutionäre Prinzip zu vereinigen.
Man machte die Fiktion, daß König Jakob (abgesetzt
konnte er nicht werden, da er von Gottes Gnaden
war) freiwillig dem Thron entsagt und das Land zu ver-
lassen habe, und mit ähnlichen Fiktionen wurde immer
weiter gearbeitet und die Krone endlich übertragen nicht an
irgend jemand, der dem Parlament gerade zusagte, sondern
an den nächsten Verwandten, der wenigstens ein eventuelles
Erbrecht hatte und nicht katholisch war, Wilhelm III. Noch
heute gilt im englischen Staatsrecht der Grundsatz, daß
das Erbrecht begrenzt ist durch Nichtzugehörigkeit zur
katholischen Kirche, weil die Erfahrung gelehrt habe, in
welch ungeheure Gefahren die Verbindung zwischen König
und katholischer Kirche das Land stürzen könne. An die
Stelle des eigentlichen legitimen Königtums tritt ein anderes,
dass nun nicht mehr das absolute Recht der Legitimität
des Königtums von Gottes Gnaden für sich in Anspruch
nehmen kann, und dadurch wird auch ein Ausgleich mög-
lich in der Armeefrage. Denn diesem neuen König, dem
*) Über die „Whigs und Tories" wie überhaupt über die Verfassungs-
entwicklung Englands vergleiche meine Untersuchungen in meinen
„Historischen und politischen Aufsätzen“.