allen bestehenden die beste. 187
im Beamtentum immer nur in einem gewissen Maße wirk-
lich durchgeführt sein kann, und der Monarch immer den
zufälligen Schranken seiner Subjektivität unterliegt. Des-
halb ist der stete Antrieb und die Kontrolle der öffentlichen
Meinung, ausgeprägt in den Wahlen der breiten Massen
zu einer Volksvertretung unentbehrlich. Wollte man den
Reichstag unterdrücken oder ihn durch gewaltsame Änderung
des Wahlrechtes entseelen, so würde das dem deutschen
Reich ebenso zum Verderben gereichen, wie wenn der Reichs-
tag die Befugnisse einer sogenannten parlamentarischen
Regierung gewönne. Wenn aber beide zusammen wirken,
Regierung und Reichstag, dann können sie das höchste er-
reichen, mehr jedenfalls als die Staaten, die immer wieder
darauf angewiesen sind, bald dieser bald jener Partei zu
folgen, das heißt also die Politik nicht vom Standpunkt
des Ganzen, sondern vom Standpunkt eines Teiles des
Ganzen zu treiben. Sieht man die deutsche Politik unter
diesem Gesichtspunkt, so sieht man manches, was einen
am Tage ärgert, mit viel größerem Gleichmut an. Gewiß,
gegen Fehler sind wir ebensowenig geschützt, wie irgend-
ein anderes Volk. Es ist nicht notwendig, daß immer
gerade die Volksvertretung der Regierung hilft, Fehler zu
vermeiden, im Gegenteil, sie treibt sie auch oft in Fehler
hinein. Aber das Vermeiden von Fehlern ist nicht das
Entscheidende. Das Entscheidende für die Wirksamkeit
und die Erfolge einer Staatsverfassung ist, daß die historisch
gebildeten Kräfte im Volke, indem sie miteinander ringen,
doch schließlich immer für den Staatszweck möglichst
umfassend zusammenwirken. In je höherem Grade das
erreicht wird, mit um so mehr Recht kann man sagen,
daß im Staatswillen, in der Regierung der Volkswille
zum Ausdruck komme.
Delbrück, Regierung und Volkswille. 13