328 Krankreic. (März 21.)
Ihm antwortet, ebenfalls unter größter Erregung des Hauses,
Ministerpräsident Tirard:
Die Regierung ergriff gewiß nicht leichtfinnig die Maßregel gegen
den General Boulanger. Der General hat sich gegen den militärischen Ge-
horsam und die Disziplin vergangen; deshalb mußte er gestraft werden.
Seit Jahren hat General Boulanger lärmende Manifestationen zu seinen
Gunsten sich gefallen lassen. (Beifall im Zentrum.) Bei den letzten Wahlen
wurde sein Name in ganz gesetzwidriger Weise mißbraucht. Es wurde
ein Journal gegründet, welches als Reklame Kokarden mit dem Bild-
nisse Boulangers ausgibt; er schweigt zu allem, bis der Kriegsminister ihn
nötigt, öffentlich zu erklären, daß er mit der Agitation nichts gemein habe.
Der Ministerpräsident erzählt nun, konform dem Berichte des Journal „Offi-
ciel", wie der General trotz eines formellen Verbotes dreimal nach Paris
kam, nach dem Berichte des Spezial-Kommissärs auf dem Lyoner Bahnhofe
verkleidet herumging. Es war endlich an der Zeit, dem General Boulanger
klarzumachen, daß die Militärgesetze für ihn gelten, wie für jeden anderen.
(Beifall.) Die Ordnung muß wiederhergestellt werden. (Neuer Applaus.)
Was würde geschehen, wenn alle Korpskommandanten, dieser Schutzwall des
Vaterlandes . . . (Auf der Gallerie wurden nun über diese Rede ironische
Bemerkungen laut, und Präsident Floquet erklärte: Wenn eine solche Unter-
brechung nochmals vorkommt, lasse ich die Gallerie räumen.) Der Minister-
präsident fährt fort: Was geschähe, sage ich, wenn jeder Korpskommandant
seine lärmende Klientel hätte (eine Stimme rechts: Haben Sie den Mut des
Herrn Thiers und sagen Sie: die elende Mengel), wenn jeder Korpskom-
mandant seine Journale hätte! Als der General seine Maßregelung ver-
nahm, blieb er nicht ruhig auf seinem Posten, bis weiter versüct würde,
sondern reiste gleich nach Paris, um an Versammlungen teilzunehmen. In
einer zur Veröffentlichung gelangten Depesche sagte er: „Das Land wird sich
nicht täuschen lassen. Man ging gegen mich vor, weil ich Stimmen erhielt.“
So machte er sich zum Richter über die Maßregeln der Regierung. Als der
General noch Minister war, erklärte er selbst auf der Tribüne, daß, solange
er Minister sei, die Armee bloß zu gehorchen habe, nie aber der Richter
über die Handlungen der Regierung sein dürfe. Wir wenden demnach nur
seine eigenen Worte gegen ihn an. (Beifall im Zentrum.) General Bou-
langer befindet sich, ich will nicht sagen in Rebellion, aber doch in Oppo-
sition gegen die Verfügung der Regierung. Der Kriegsminister wird seine
Pflicht bis zu Ende erfüllen. Er hat den Conseil d’enquête einberufen,
welcher über das Verhalten des Generals zu urteilen haben wird. Damit
aber die Entschießung dieses Untersuchungsrates nicht durch das Votum der
Kammer beeinflußt werden könne, kann die Regierung nur die einfache Tages-
ordnung annehmen. (Lebhafter Beifall im Zentrum. Anhaltende Unruhe
rechts und links.)
Nach längerem leidenschaftlichen Debattieren wird die von der
Regierung verlangte einfache Tagesordnung angenommen. Hundert
Mitglieder der Rechten enthielten sich dabei ihrer Stimme. Die
Majorität bestand aus 268 Republikanern und 71 Abgeordneten
der Rechten.
21. März. (Boulanger.) Auf Wunsch Boulangers zieht
das Komitee des nationalen Protestes dessen Kandidatur in den
Bouches--du-Rhone und in der Aisne mit folgendem Aufrufe zurück: