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6. 17. Allgemeine Erfordernisse der Naturalisation find:
) völlige Unbescholtenheit des Lebenswandels,
2) die Fähigkeit und Verpflichtung, sich in allen öffentlichen Angelegenheiten,
Willenserklärungen, Rechnungen u. dgl. ausschließlich der Deutschen Sprache
zu bedienen. Von diesem Erforderniß darf jedoch der Oberpräsident auf
Antrag der Regierung dispensiren,
3) die Annahme eines bestimmten Familien-Mamens.
é. 18. Unter diesen Voraussetzungen sollen in die Kiasse der naturalisirten
Juden aufgenommen werden, Diesenigen welche den Nachweis führen:
1) daß sie seit dem lsten Juni 1815. ihren beständigen Wohnsitz in der Pro-
vinz Posen gehabt, oder zu ihrer spätern Niederlassung die ausdrückliche
Genehmigung des Staats erhalten haben;
2) daß sie
entweder einer Wissenschaft oder Kunst sich gewidmet haben, und solche
dergestalt betreiben, daß sie von ihrem Ertrage sich erhalten können;
oder ein ländliches Grundstück von dem Umfange besitzen, und selbst be-
wirthschaften, daß dasselbe ihnen und ihrer Familie den hinreichenden
Unterhalt sichert;
oder in einer Stadt ein namhafstes stehendes Gewerbe mit einiger Aus-
zeichnung betreiben;
oder in einer Stadt ein Grundstück von wenigstens 2000 Rthlr. an
Werth schuldenfrei und eigenthümlich besitzen;
oder daß ihnen ein Kapitalvermögen von wenigstens 5000 Rehlr. eigen-
thümlich gehört;
oder daß sie durch patriotische Handlungen ein besonderes Verdienst um
den Staat sich erworben haben.
6. 19. Diesenigen, welche diesen Nachweis führen, sollen von der Regierung des
Bezirks, in welchem sie wohnen, mit vorldufigen Naturalisations-Patenten versehen.
werden, in welchen auf die gegenwärtige Verordnung und die ihnen darin ver-
liehenen Rechte, so wie auf die ihnen auferlegten Verpflichtungen, Bezug zu
nehmen ist.
6. 20. Die solchergestalt naturalissrten Juden können, unter Beobachtung der
allgemeinen Vorschrifsten, in Städten und auf dem platten Lande innerhalb der
Provinz sich niederlassen, Grundstücke jeder Art erwerben, und alle erlaubte Ge-
werbe treiben; sie sind, mit Worbehalt des nach §. 14. zu entrichtenden Rekru-
tengeldes, besonderen Abgaben weder an die Staakskasse, noch zu den Kämme-
reien zu bezahlen verbunden, dagegen aber verpflichtet, alle den Christen gegen
den Staat und die Gemeine ihres Wohnorts obliegende Verbindlichkeiten, vor
der Hand mit der in Hinsicht der Milirairpflichtigkeit §. 14. festgesetzten Aus-
(No. 1136.) nahme,