Full text: Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten. 1835. (26)

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lich heftigen Wiberwillen und Abscheu. Dieser spricht sich am fruͤhesten und heftigsten aus gegen 
Wasser und andere helle Fluͤssigkeiten, waͤhrend der Kranke dunkelgefaͤrbte, z. B. Bier, zuweilen noch 
verschlucken kann, mit der Zunahme der Krankheit wird aber auch das Hinabschlucken der letzteren 
unmöglich, und später ist dieses auch bei trockenen, festen Sachen der Fall. Sebr selten ist es, daß 
die Wasserscheu fehlt. — Auch der Lufezug macht dem Kranken setzt einen wiberlichen Eindruck 
und es ist ihm deshalb oft schon empfindlich, wenn die Thüren leinesh Zimmers geöffnet werden oder 
wenn Menschen an sein ager herankommen. — 
Das Athmen wird ihm schwer und die Brust beklommen, so daß er zuweilen keucht und 
stöhne, was man hin und wieder abergläubischer Weise mit dem Gebelle eines Hundes verglichen hat. 
Der Speichel wird zähe und muß mit vieler Anstrengung ausgeworfen werden oder er fließt 
reichlich im Munde zusammen, weshalb der Kranke viel speit und geifert und, wenn er nicht mehr 
bei Besinnung ist, Alles, was sich ihm nähert, anspeit. — Bald früher, bald später, oft schon vor 
Ablauf des ersten Tages, verfällt der Unglückliche in einen bewußtlosen Zustand, sein Blick wird wild 
und stier, und er redet trre, ein eigentliches Toben und Wüthen aber sindet sich, namentlich bel elner 
angemessenen Behandlung, nur selten vor. — Zuletzt bekommt der Kranke auch noch Zuckungen, ja 
selbst heftige Krämpfe an einzelnen Theilen, besonders an der Brust, bis er endlich, nach wenigen, 
meist schon nach drei Tagen, in einem elenden und jammervollen Zusiande seinen Geist aufgiebt. 
6 94. Um mun jede, in diesen ihren Folgen so furchbare Ansteckung durch Wutholf#t 
von uns abzuwenden, ist es zuvörderst am wünschenswerthesten, den Quell der Ansteckung selbst 
möglichst zu vertilgen oder wenigstens seine Ausbreitung zu hemmen. Aus demjenigen aber, was 
5. 88. über die, auf die Selbstentwickelung der Tollkrankheit bei gewissen Thieren influirenken Um- 
stände, und §. 89. über die Verbreitung des Wuthgifts gesagt ist, ergiebt sich: daß, wenn es auch 
an einem Mittel oder Verfahren fehlt, durch welches man namentlich jener Selbstentwickelung der 
Krankheit mit voller Sicherheit zu begegnen im Stande wärc, man doch durch gewisse Maaßregeln 
sehr viel dazu beitragen kann, die Fälle berselben, so wie die Möglichkeit der Verbreitung des Wuth- 
gifts, eben damit aber auch die und drohende Gefahr zu beschränken. Diese Maaßregeln bestehen 
namentlich in Folgendem: 
1. Wie die Ausrottung der Füchse und Wölfe unter allen Umständen geboten ist, so ist es 
dringend zu wünschen, daß auch die Zahl der Hunde und Katzen, besonders aber die der ersteren, da 
Hunde dem Tollwerden am meisten aue#gesetzt sind und ihre Nützlichkeit dabei so beschränke ist, mög- 
lichst vermindert werde. Namentlich müßten alle überflüssigen, müßigen und blos zur Kurzweil ihrer 
Besitzer gehaltenen) desgl. alle altersschwachen, vorzugsweise aber alle bösartigen, beißigen Hunde 
fortgeschafft und überhaupt nur so viel Hunde gehalten werden, als zur Sicherheit, zu Jagd, zum 
Hüten und Treiben des Viehs und ähnlichen Jwecken erforderlich sind. Sollte Jemand, der es ernst 
und ruhig überlege, wie in jedem Augenblick sein eigenes Leben und das seiner Mitmenschen durch 
diese Thiere gefährdet und unwiderruflich geopfert werden kann, dafür ein unangemessenes und über- 
dies mit manchen Unannehmlichkeiten verbundenes Vergnügen aufzugeben wohl Anstand nehmen? 
. Wer aber Hunde besitzt, lasse sich die genaueste Befolgung der, das Halten derselben 
betreffenden Polizeigesetze stets angelegen seyn und bemühe sich namentlich durch eine zweckmäßige 
Behandlung und sorgsältige Wartung die Thiere gesund zu erhalten und vor dem Tollwerden mög- 
lichst zu schützen. Die Hauptregeln hierbei sind folgende: 
o)) Man sehe darauf, daß die Hunde nicht einem zu hoben Grade von Hitze oder von Kälte, noch 
weniger aber einem plötzlichen Uebergange von der Hitze zur Kälte ausgesetzt werden. Eben- 
deshalb sorge man zur Winterzeit, daß sic, bei Lage und noch, mehr bei Nacht, ein schützendes 
Obdach erhalten; verhüte aber auch, daß die Thiere in die Nähe von stark geheizten Oefen zu 
liegen kommen. 
b) Die Hunde müssen ferner slets frisches Wasser und solches in hinreichender Menge zum Saufen 
bekommen, worauf man besonders im Sommer strenge zu halten hat. 
c) Desgleichen müssen sie immer eine zur Sättigung hinreichende Menge guter, unverdorbener 
Nahrung erhalten. Stark gesalzene und gewürzhafte Speisen, schon in Fäulniß übergegangenes 
Fleisch, Blur, Fe#t Häute und dergl. anderes verfaultes Futter, sind ihnen höchst schädlich. 
d) Die Hunde müssen auch immer reinlich gehalten, ihre Ställe öfters gefegt und mit reinem, 
trockenem Stroh belegt werden. 
e) Im
	        
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