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deren Gunsten den Beweismitteln keine Beweiskraft beigelegte ist. (6. 227—232.
Tir. 10. der Prozeß- Ordnung.)
Der entgegengesetzte Fall — wenn behauptet wird, daß der Richter gül-
tigen Beweismitteln die Beweiskrast abaesprochen habe, — beruhet in der
Regel auf einer Beurtheilung faktischer Verhdlenisse, deren Würdigung außer
dem Bereiche des Nichtigkeitsverfahrens liegt. Hat der Nichter aber in einem
der Fälle des 9. 10. Tir. 13. der Prozeß-Ordnung, in denen eine Thatsache für
völlig erwiesen anzusehen ist, den Beweis doch nicht für genügend erklärt und
für diese Erklärung keine Gründe angegeben, z. B. nicht nadher ausgeführt,
warum ein öffentliches Dokument oder die eidliche Aussage zweier an sich glaub=
würdiger Zeugen mcht für beweisfähig zu erachten sei, so liegt darin eine Ver-
letzung, welche der Nichtigkeitsbeschwerde unterliegt. Dies ist in Nummer 5.
Art. 3. der Deklaration ausgesprochen.
Zum 8. 6.
20. Dieser Paragraph stellt den Grundsatz auf: daß die Verletzung
einer wesentlichen Prozeß-WVorschrift zeitig, d. h. bei der nächsten
Prozeß-Verhandlung, es sey dies eine Prozeß= Vorschrift oder
ein Termin, gerügt werden muß, und daß späterhin nicht weiter
darauf zurückgegangen werden darf.
I. Es versteht sich von selbst, daß eine Derletzung dieser Ark, die von
dem erkennenden Richter begangen wird und nur erst durch Einsicht des ergan-
genen Urtels enedeckt werden kann, nicht in der Publikations-Verhandlung ge-
rügt zu werden braucht, weil sonst die Michtigkeitsbeschwerde gleich bei der
Publikarion angebracht werden mußte.
Nach der Publikation des Erkenntnisses können aber innerhalb
der sechswöchentlichen Frist andere Prozeß-Verhandlungen vorkommen: es kann
z. B. eine Nichtigkeitsbeschwerde angebracht seyn und der Implorant innerhalb
der sechswschentlichen Frist eine zweite wegen einer in der ersten nicht gerügten
Verletzung einer Prozeß-Vorschrift anbringen wollen; es können Verhandlungen
nothwendig werden über die Erekution, über die Leistung eines auferlegten Ei-
des, über die Erage, von wem der Eid abzunehmen sey, wenn derjenige, wel-
cher das Erkenntniß dazu verstattete, unterdessen verstorben ist, über die Zulässig=
keit den angemeldeten Rechtsmitrels der Appellation oder der Reviston und dergl.
Hat der Werletzte in solchen Verhandlungen die von dem erkennenden Richter
durch PVerletzung einer wesentlichen Prozeß-Worschrift begangene Nichtigkeit nicht
gerügt, so ist dies für eine stillschweigende Entsagung anzusehen, eben so, als wenn
die während des Laufes des Prozesses und vor dem Erkenntniß vorgekommene
Perletzung in der unmittelbar darauf stattgefundenen Prozeß -Verhandlung un-
gerügt geblieben ist. ·
II. Hieraus folgt auch, daß die Anbringung neuer Nichtigkeitsgruͤnde,
welche auf Verletzung einer Prozeß-Vorschrift beruhen, nach Einrei-
chung der Nichtigkeitsbeschwerde-Schrift nicht weiter zulässig ist. (Nummer 30.
dieser Instruktion.) k
Zum 8. 7. ·
2I.I.DieNichtigkeitsbeschwerdegegeneinAdIudikqtton8-
Erkenntniß kann, wie gegen jedes andere Erkenntniß, sowohl wegen eines da-
(No. 1990.) Jahrgang 1870. durch