Full text: Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten. 1850. (41)

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Civilprozesse noch nicht ergangen ist. Ist auf eine solche von der Staats-An- 
waltschaft erhobene Klage die gerichtliche Untersuchung eröffnet, so ist die Ver- 
zichrleistung auf die Bestrafung des Beleidigers ohne Einfluß auf den Fortgang 
der Uncersuchung und die Vollstreckung des Urtheils. Schreitet die Staats- 
Anwaltschaft ein, so wird der von dem Beleidigten etwa bereits eingeleitete 
Civilprozeß durch die Erbôffnung der Untersuchung für erledigt erachtet. 
F. 6. 
Die bestehenden gesetzlichen Vorschriften über das Verfahren bei Auf- 
nahme der Beweise, insbesondere auch darüber, welche Personen als Zeugen 
vernommen und vereidet werden dürfen und darüber, daß der Eid als ein zu- 
lässiges Beweismittel in Injuriensachen nicht anzusehen ist, bleiben für den 
Civilprozeß wegen Beleidigungen maaßgebend. Tagegen treten die bisherigen 
positiven Regeln über die Wirkungen der Beweise außer Anwendung. er 
erkennende Richter hat fortan unter Pruͤfung aller Beweise fuͤr die Anklage 
und Vertheidigung nach seiner freien, aus dem Inbegriffe der Verhandlungen 
geschoͤpften Ueberzeugung zu entscheiden, ob der Verklagte schuldig oder nicht- 
schuldig sei. Er ist aber verpflichtet, die Gründe, welche ihn dabei geleitet 
haben, in dem Urtheile anzugeben. Auf vorläufige Lossprechung soll nicht mehr 
erkannt werden. 
beile Der fuͤr schuldig Erklaͤrte ist zur vollen gesetzlichen Strafe zu verur- 
theilen. 
g. 7. 
Gegen jedes Erkenntniß, welches wegen Beleidigungen im Cidilprozesse 
ergangen ist, stehen beiden Parteien die für den Civi prozeß vorgeschriebenen 
Rechtsmittel der Restitution, der Appellation und der Nichtigkeitsbeschwerde, 
nicht aber das Rechtsmittel der Revision zu. 
In Betreff der Beschwerden, welche nur den Kostenpunkt betreffen, kommt 
die Vorschrift der Nr. 3. Artikel 1. der Deklaration vom 6. April 1839. 
(Gesetz-Sammlung 1839. S. 126.) zur Anwendung. 
g. 8. 
In der Appellations-Instanz kann der Appellant die Richtigkeit des von 
dem ersien Richter als feststehend angenommenen Thatbestandes nur durch An- 
abe neuer Thatsachen oder neuer Beweismittel anfechten, und der Appellations= 
ichter hat bei seiner Entscheidung zu beurtheilen, ob und inwieweit durch diese 
neuen Thatsachen oder Beweismittel die Entscheidung des Richters erster In- 
stanz in Bezug auf den Thatbestand oder die Thäterschaft geändert wird. 
Wenn keine neuen Thatsachen oder Beweismittel vorgebracht sind, hat 
der zweite Richter nur darüber, ob die von dem ersten Richter festgestellten 
Thatsachen die von demselben angenommene Ehrenkränkung darstellen, sowie 
über das Strafmaaß zu erkennen. 
K. 9. 
Die Kosien eines ohne Erfolg eingelegken Rechtsmittels fallen demjeni- 
gen zur Last, welcher dasselbe eingewendet hat. Alle übrigen Kosten des * 
(Nr. 33/5.) zesses
	        
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