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Sind mildernde Umstaͤnde vorhanden, so kann, statt der Todesstrafe,
auf zehn- bis zwanzigjaͤhrige Zuchthausstrafe erkannt werden.
S. 9.
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten Orte oder Distrikte
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung oder angeblichen Siege
der Feinde oder Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut oder
verbreitet, welche geeignet sind, die Civil= oder Milikairbehörden hinsicht-
lich ihrer Maaßregeln irre zu führen, oder
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes oder während desselben vom
Militairbefehlshaber im Interesse der öffentlichen Sicherheit erlassenes
Verbot übertritt, oder zu solcher Uebertretung auffordert oder anreize, oder
c) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der thatlichen Widersetzlichkeit, der
Befreiung eines Gefangenen, oder zu andern F. 8. vorgesehenen Ver-
brechen, wenn auch ohne Erfolg, auffordert oder anreizt, oder
4) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen gegen die Subordination
oder Vergehungen gegen die militairische Zucht und Ordnung zu ver-
leiten sucht,
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe bestimmen, mit
Gefängniß bis zu Einem Jahre bestraft werden.
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Wird unter Suspension des Artikels 7. der Verfassungs-Urkunde zur
Anordnung von Kriegsgerichten geschritten, so gehört vor dieselben die Unter-
suchung und Aburtheilung der Verbrechen des Hochverraths, des Landesver-
raths, des Mordes, des Aufruhrs, der thätlichen Widersetzung, der Zerstbrung
von Eisenbahnen und Telegraphen, der Befreiung von Gefangenen, der Meu-
terei, des Raubes, der Plünderung, der Erpressung, der Verleitung der Sol-
daten zur Untreue, und der in den §#. 8. und 9. mit Strafe bedrohten Ver-
brechen und Vergehen, insofern alle genannten Verbrechen und Vergehen nach
der Erklärung und Bekanntmachung des Belagerungszustandes begangen oder
fortgesetzte Verbrechen sind.
Als Hochverrath und Landesverrath sind, bis zur rechtlichen Geltun
eines Strafgesetzbuchs für die ganze Monarchie, in dem Bezirke des Rheini-
schen Appellationshofes zu Köln die Verbrechen und Vergehen wider die innere
und dußere Sicherheit des Staats (Artikel 75. bis 108. des Rheinischen Straf-
gesetzbuchs) anzusehen.
Ist die Suspension des Art. 7. der Verfassungs-Urkunde nicht vom
Staatsministerium erklärt, so bleibt in Friedenszeiten bei den von dem Kriegs-
gerichte eingeleiteten Untersuchungen die Vollstreckung des Urtheils ausgesetzt,
is die Subpension vom Staatsministerium genehmigt ist.
K. 11.
Die Kriegsgerichte bestehen aus fünf Mitgliedern, unter denen zwei von
dem Vorstande des Cidvilgerichtes des Orres zu bezeichnende richterliche Ciovil-
beamte, und drei von dem Militairbefehlshaber, welcher am Orte den Befehl
(Nr. 3419.) 62° fuͤhrt,