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(Nr. 8126.) Gesetz über die Grenzen des Rechts zum Gebrauche kirchlicher Straf. und
Zuchtmittel. Vom 13. Mai 1873.
Wir Wilhelm) von Gottes Gnaden König von Preußen 2c.
verordnen, mit Zustimmung beider Häuser des Landtages der Monarchie, für
den Umfang der letzteren, einschließlich des Jadegebiets, was folgt:
K. 1.
Keine Kirche oder Religionsgesellschaft ist befugt, andere Stref- oder Zucht-
mittel anzudrohen, zu verhängen oder zu verkünden, als solche, welche dem rein
religiösen Gebiete angehören oder die Entziehung eines innerhalb der Kirche oder
Religionsgesellschaft wirkenden Rechts oder die Ausschließung aus der Kirchen-
oder Neligionsgesel chaft betreffen.
Straf= oder Zuchtmittel gegen Leib, Vermögen, Freiheit oder bürgerliche
Ehre sind unzulässig.
S. 2.
Die nach §. 1. zulässigen Straf, oder Zuchtmittel dürfen über ein Mit-
zued einer Kirche oder Religionsgesellschaft nicht deshalb verhängt oder verkün-
et werden:
1) weil dasselbe eine Handlung vorgenommen hat, zu welcher die Staats-
esetze oder die von der Obrigkeit innerhalb ihrer gesetzlichen Zuständig-
eit erlassenen Anordnungen verpflichten;
2) weil dasselbe öffentliche Wahl. oder Stimmrechte in einer bestimmten
Richtung ausgeübt oder nicht ausgeübt hat.
K. 3.
Ebensowenig dürfen derartige Straf. oder Zuchtmittel angedroht, verhängt
oder verkündet werden:
1) um dadurch zur Unterlassung einer Handlung zu bestimmen, zu welcher
die Siaatsgesete oder die von der Obrigkeit innerhalb ihrer gesetzlichen
Luständigkeit erlassenen Anordnungen verpflichten;
2) um dadurch die Ausübung oder Nichtausübung öffentlicher Wahl- und
Stimmrechte in bestimmter Richtung herbeihuflähren
. 4.
Die Verhängung der nach diesem Gesetz zuladssigen Straf. und Zuchtmittel
darf nicht öffentlich bekannt gemacht werden.
schl # auf die Gemeindemitglieder beschränkte Mittheilung ist nicht aus-
geschlossen.
Die Vollziehung oder Verkündung derartiger Straf= oder Zuchtmittel darf
auch nicht in einer beschimpfenden Weis erfolgen.
(Nr. 8128.) . 5.