Full text: Gesetzes- und Verordnungs-Blatt für das Großherzogtum Baden. Jahrgang 1917. (49)

110 — Nr. 37 — 
Verordnung. 
(Vom 5. Mai 1917.) 
Arbeitshilfe in der Land= und Forstwirtschaft betreffend. 
Die Versorgung der Bevölkerung Deutschlands mit Lebens= und Futtermitteln erfordert 
die volle Ausnützung des bestehenden Kulturbodens. Hierzu gehört in erster Reihe die Be- 
schaffung der zur Felderbestellung erforderlichen Arbeitskräfte. Da die Witterungsverhältnisse 
in diesem Jahre besonders ungünstig und die meisten Männer durch den Heeresdienst in 
Anspruch genommen sind, ist es Pflicht eines jeden in der Heimat Verbliebenen, auch der 
weiblichen Personen und Kinder, nach Kräften für die gedeihliche Entwickelung der landwirt- 
schaftlichen Erzeugung mit zu sorgen. 
Ich bestimme deshalb aufgrund des § 91 des preußischen Gesetzes über den Belagerungs- 
zustand vom 4. Juni 1851 und aufgrund des Reichsgesetzes vom 11. Dezember 1915 (Reichs- 
Gesetzblatt Seite 813) im Juteresse der öffentlichen Sicherheit für die zum Großherzogtum 
Baden und zu den Hohenzollernschen Landen (Regierungsbezirk Sigmaringen) gehörigen Ge- 
bietsteile meines Befehlsbereichs: 
§ 1. 
Männlichen und weiblichen Personen, die in der Land= oder Forstwirtschaft beschäftigt sind, 
ist verboten, ohne schriftliche Genehmigung des Bürgermeisteramts in eine andere als land- 
oder forstwirtschaftliche Beschäftigung überzutreten. 
Ebenso dürfen in Gemeinden von weniger als 4000 Einwohnern jugendliche Personen, 
die in einem Arbeitsverhältnis bisher überhaupt noch nicht gestanden haben, ohne schriftliche 
Genehmigung des Bürgermeisteramts eine andere als land= oder forstwirtschaftliche Be- 
schäftigung nicht annehmen. 
Die Genehmigung ist nur zu erteilen, sofern durch Annahme einer andern Arbeit das 
vaterländische Interesse an der Förderung der landwirtschaftlichen Erzeugung nicht beeinträchtigt 
wird. 
82. 
Jede männliche oder weibliche Person ist verpflichtet, auf Aufforderung des Bezirksamts 
— Oberamts — im Bezirk ihrer Wohnsitz- oder einer Nachbargemeinde gegen den jeweils 
am Orte üblichen Lohn eine ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechende land= oder forst- 
wirtschaftliche Arbeit insoweit zu übernehmen, als es ohne wesentliche Schädigung ihrer eigenen 
Verhältnisse geschehen kann. 
Die Aufforderung darf nur ergehen, wenn sie unbedingt erforderlich ist, um den Ertrag 
des Bodens, insbesondere die Bestellung der Felder oder die Einbringung der Ernte sicher- 
zustellen. Unter dieser Voraussetzung ist eine Heranziehung auch an Sonntagen zulässig.
	        
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