Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1876 (3)

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Belehrung über die Wuthkrankheit der Hunde. 
Die Wutbkrankheit ist eine dem Hundegeschlecht eigenthümliche Krankheit, die durch den Biß 
wuthkranker Hunde vom Hund nicht nur auf Thiere dieses Geschlechtes und auf andere Säugethiere, 
sondern auch auf den Menschen und selbst durch Besudelung (Belecken) oft winzig kleiner wunder 
Stellen mit dem Speichel solch' kranker Thiere übertragen werden kann. 
Erscheinungen: Das Benehmen der Thiere verändert sich, lebhaste Hunde werden mürrrisch, 
verkriechen sich, furchtsame werden dreist, gutmüthige leicht gereizt; sie zeigen eine eigenthümliche Un- 
ruhe, gehen von einer Stelle zur andern, liegen inzwischen wieder ruhig, schnappen wohl auch in die 
Luft, wischen mit den Pfoten über Kopf und Maul; die Unruhe wächst, es zeigt sich größere oder 
geringere Beißsucht gegen andere Thiere, sowie gegen fremde und bekannte Personen. Beinahe immer 
tritt der Trieb zu entweichen ein, bald bleiben die Hunde nur Stunden aus, bald durchschweifen sle 
Tage lang große Strecken und begrüßen dann bei ihrer Rückkehr oft noch freundlich ihren Herrn 
und bekannte Persönlichkeiten, die sie dann ganz unversehens verletzen. Solche Hunde bleiben ermüdet 
an der nächst besten Stelle liegen und muß ernstlich davor gewarnt werden, derarlige wie überhaupt 
fremde Hunde an sich zu locken und zu berühren. — Ein niedergehaltener Kopf, Schäumen 
des Maules, eingeklemmter Schweif sind entweder gar nicht oder nur selten, und dann erst 
gegen Ende des Leidens Begleiter der betreffenden Krankheit, und soll man sich durch das Fehlen 
dieser Erscheinungen ja nicht von der nöthigen Vorsicht abhalten lassen. 
Der Appetit fehlt wüthenden Hunden entweder gänzlich oder ist verändert, früher wählerische 
Hunde fressen Alles, was ihnen vorgesetzt wird, andere fressen wenig oder nichts, meistens aber ver- 
schlingen sie unverdauliche Gegenstände, Haare, Stroh, Holz, Koth 2c. Die meisten wüthenden 
Hunde sausen besonders anfangs noch gierig Wasser, ja durchschwimmen noch Bäche 
und Flüsse; beim Saufen stecken sie den Kopf lich in die Flüssigkeit; sehr verdächtig ist immer das 
Belecken des eigenen Urins. · 
BeinahelmmetlstdieStimmedeshundesverändertundläßtsichje·fpätekdestodeutlicher 
als heiseres Bellgeheul vernehmen; manche bleiben gegen ihre Gewohnheit stumm, selbst wenn sie 
geschlagen werden. 
Hängenlassen des Unterkiefers, Ausfließen von Speichel, Lähmung des äsneertheis, rasche 
Abmagerung sind schon Zeichen der vorgeschrittenen immer tödtlichen Krankheit, doch sind au 
die Thiere in diesem Zustande noch im Stande zu beißen. 
Die angeführten Erscheinungen sind bei Weitem nicht immer alle vorhanden, genügen aber 
einzelne derselben, um das betreffende Thier für wenigstens wuthverdächtig erklären zu können, welcher 
Verdacht sich zur Gewißheit steigert, wenn Veränderungen im Benehmen, im Appetit, 
in der Stimme und der Trieb zum Entweichen sich zeigen; immer aber soll bei dem 
lelsesten Zweifel ein Thierarzt zu Rathe gezogen wer den. 
Ist ein Mensch gebissen worden, so ist in allen Fällen sofort ein Arzt zu Hilfe zu 
rufen. Bis zum Erscheinen des letzteren lasse man die Wunde so gut als möglich ausbluten, setze, 
wo es angeht, einen sogenannten trockenen Schröpfkopf auf dieselbe (auch in Form elnes erwärmten 
Schnapsgläschens), reintge dieselbe mit warmem Wasser, Seifenwasser, starker Kochsalzlösung, starker 
Sodalauge (wie sie zum Waschen gebraucht wird), oder brenne selbst die Wunde mit einem glühend 
gemachten Eisen (Schlüssel, Nagel 2c.) aus. 
Alle Geheim-, Sympathie-, sowie innerlichen Mittel helfen nichts und sind 
wegen Versäumung der wirksamen anderen Mittel höchst gefährlich.
	        
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