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Belehrung über die Wuthkrankheit der Hunde.
Die Wutbkrankheit ist eine dem Hundegeschlecht eigenthümliche Krankheit, die durch den Biß
wuthkranker Hunde vom Hund nicht nur auf Thiere dieses Geschlechtes und auf andere Säugethiere,
sondern auch auf den Menschen und selbst durch Besudelung (Belecken) oft winzig kleiner wunder
Stellen mit dem Speichel solch' kranker Thiere übertragen werden kann.
Erscheinungen: Das Benehmen der Thiere verändert sich, lebhaste Hunde werden mürrrisch,
verkriechen sich, furchtsame werden dreist, gutmüthige leicht gereizt; sie zeigen eine eigenthümliche Un-
ruhe, gehen von einer Stelle zur andern, liegen inzwischen wieder ruhig, schnappen wohl auch in die
Luft, wischen mit den Pfoten über Kopf und Maul; die Unruhe wächst, es zeigt sich größere oder
geringere Beißsucht gegen andere Thiere, sowie gegen fremde und bekannte Personen. Beinahe immer
tritt der Trieb zu entweichen ein, bald bleiben die Hunde nur Stunden aus, bald durchschweifen sle
Tage lang große Strecken und begrüßen dann bei ihrer Rückkehr oft noch freundlich ihren Herrn
und bekannte Persönlichkeiten, die sie dann ganz unversehens verletzen. Solche Hunde bleiben ermüdet
an der nächst besten Stelle liegen und muß ernstlich davor gewarnt werden, derarlige wie überhaupt
fremde Hunde an sich zu locken und zu berühren. — Ein niedergehaltener Kopf, Schäumen
des Maules, eingeklemmter Schweif sind entweder gar nicht oder nur selten, und dann erst
gegen Ende des Leidens Begleiter der betreffenden Krankheit, und soll man sich durch das Fehlen
dieser Erscheinungen ja nicht von der nöthigen Vorsicht abhalten lassen.
Der Appetit fehlt wüthenden Hunden entweder gänzlich oder ist verändert, früher wählerische
Hunde fressen Alles, was ihnen vorgesetzt wird, andere fressen wenig oder nichts, meistens aber ver-
schlingen sie unverdauliche Gegenstände, Haare, Stroh, Holz, Koth 2c. Die meisten wüthenden
Hunde sausen besonders anfangs noch gierig Wasser, ja durchschwimmen noch Bäche
und Flüsse; beim Saufen stecken sie den Kopf lich in die Flüssigkeit; sehr verdächtig ist immer das
Belecken des eigenen Urins. ·
BeinahelmmetlstdieStimmedeshundesverändertundläßtsichje·fpätekdestodeutlicher
als heiseres Bellgeheul vernehmen; manche bleiben gegen ihre Gewohnheit stumm, selbst wenn sie
geschlagen werden.
Hängenlassen des Unterkiefers, Ausfließen von Speichel, Lähmung des äsneertheis, rasche
Abmagerung sind schon Zeichen der vorgeschrittenen immer tödtlichen Krankheit, doch sind au
die Thiere in diesem Zustande noch im Stande zu beißen.
Die angeführten Erscheinungen sind bei Weitem nicht immer alle vorhanden, genügen aber
einzelne derselben, um das betreffende Thier für wenigstens wuthverdächtig erklären zu können, welcher
Verdacht sich zur Gewißheit steigert, wenn Veränderungen im Benehmen, im Appetit,
in der Stimme und der Trieb zum Entweichen sich zeigen; immer aber soll bei dem
lelsesten Zweifel ein Thierarzt zu Rathe gezogen wer den.
Ist ein Mensch gebissen worden, so ist in allen Fällen sofort ein Arzt zu Hilfe zu
rufen. Bis zum Erscheinen des letzteren lasse man die Wunde so gut als möglich ausbluten, setze,
wo es angeht, einen sogenannten trockenen Schröpfkopf auf dieselbe (auch in Form elnes erwärmten
Schnapsgläschens), reintge dieselbe mit warmem Wasser, Seifenwasser, starker Kochsalzlösung, starker
Sodalauge (wie sie zum Waschen gebraucht wird), oder brenne selbst die Wunde mit einem glühend
gemachten Eisen (Schlüssel, Nagel 2c.) aus.
Alle Geheim-, Sympathie-, sowie innerlichen Mittel helfen nichts und sind
wegen Versäumung der wirksamen anderen Mittel höchst gefährlich.