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der Kasse stets allen möglichen Personen anvertraut. Der Bürgermeister sei der Aneignung
ihm anvertrauter Gelder dringend verdächtig gewesen; durch seine Belassung im Amte habe
die Gemeinde selbst die Entstehung des Fehlbetrags verschuldet. Dem Kläger sei die Ver—
waltung der Kasse aufgebürdet worden, obwohl er schon als Gemeindesekretär mit Arbeiten
über Gebühr belastet gewesen sei und nach den bestehenden Vorschriften der Marktschreiber
mit der Kassenführung überhaupt nicht betraut werden soll. Die Klageschrift wurde der
Marktgemeinde am 20. März 1908 zugestellt. Eine mündliche Verhandlung hat in dem
Rechtsstreite noch nicht stattgefunden; in dem ersten dazu bestimmten Termine, in dem nur
der Prozeßbevollmächtigte des Klägers erschienen war, wurde auf dessen Antrag die Ver—
handlung vertagt, und in dem neuen Termin erschien keine der Parteien.
In einem an das Landgericht N. gerichteten Schreiben vom 28. April 1908 erklärte
die Regieruagg „ daß sie den Rechtsweg für unzulässig erachte, solang nicht die
Haftung des A. von den Verwaltungsbehörden aus Gründen des öffentlichen Rechtes nach
Inhalt und Umfang festgestellt ist.
Von der Erhebung des Kompetenzkonflikts wurden die Parteien benachrichtigt. Eine
Denkschrift hat nur der Prozeßbevollmächtigte der Marktgemeinde eingereicht. Zur heutigen
Verhandlung wurden beide Parteien geladen. Der Kläger ist nicht erschienen, für die
Beklagte erschien der Rechtsanwalt C. Der Berichterstatter hielt Vortrag über die bisherigen
Verhandlungen und verlas dabei die wichtigeren Aktenstücke, insbesondere die Klageschrift und
das Schreiben der Regierung, vom 28. April 1908. Der Rechtsanwalt C. führte
aus, er halte den Rechtsweg für unzulässig, glaube jedoch, daß die Voraussetzungen für die
Erhebung des Kompetenzkonflikts nicht vorliegen, weil das Prozeßgericht bisher nicht zu
erkennen gegeben habe, daß es sich für zuständig hält. Der Generalstaatsanwalt stellte und
begründete den Antrag, den Rechtsweg für unzulässig zu erklären.
Das von dem Vertreter der Beklagten erhobene Bedenken gegen die Zulässigkeit der
Erhebung des Kompetenzkonflikts ist nicht begründet. Als die Regierung ihre Erklärung
abgab, war, da die Klageschrift der Marktgemeinde zugestellt war, die Rechtshängigkeit der
Streitsache nach den §§ 253, 263 der Zivilprozeßordnung schon begründet. Das Prozeß-
gericht hatte allerdings noch keine Handlung vorgenommen, durch die es zu erkennen gab,
daß es sich für zuständig hält. Die Zulässigkeit der Erhebung des Kompetenzkonflikts ist
aber hievon nicht abhängig. Die früheren Entscheidungen des Gerichtshofs für Kompetenz-
konflikte zugrund liegende gegenteilige Anschanung wurde hauptsächlich gestützt auf den Wortlaut
des § 17 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes, nach dem die Landesgesetzgebung die Ent-
scheidung von „Streitigkeiten“ zwischen den Gerichten und den Verwaltungsbehörden oder
Verwaltungsgerichten über die Zulässigkeit des Rechtswegs besonderen Behörden übertragen
kann, und des Artikel 1 des Gesetzes vom 18. August 1879 über die Entscheidung der