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Beilage III zum Gesetz= und Verordnungsblatte für das Königreich Bayern vom Jahre 1909.*)
Erkenntnis des Gerichtshofs für Kompetenzkonflikte in dem zwischen dem Landgerichte Würzburg
und dem Bezirksamte Gerolzhofen entstandenen Streite über die Zuständigkeit für die Entscheidung
über den von der Freiherrlich von Crailsheimschen Guts= und Patronatsherrschaft gegen die
protestantische Kirchengemeinde Altenschönbach gektend gemachten Anspruch auf Anerkennung
eines Kirchenstuhlrechts.
Im Namen Seiner Majestät des Königs von Bayern
erkennt der Gerichtshof für Kompetenzkonflikte in dem zwischen dem Landgerichte Würzburg
und dem Bezirksamte Gerolzhofen entstandenen Streite über die Zuständigkeit für die Ent-
scheidung über den von der Freiherrlich von Crailsheimschen Guts= und Patronats-
herrschaft gegen die protestantische Kirchengemeinde Altenschönbach geltend gemachten Anspruch
auf Anerkennung eines Kirchenstuhlrechts:
Zuständig sind die Gerichte.
Gründe.
In der protestantischen Kirche zu Altenschönbach, in Ansehung deren das Patronats-
recht der Freiherrlich von Crailsheimschen Gutsherrschaft zusteht, ist ein von den übrigen
Kirchenplätzen gesonderter Kirchenstand mit etwa sechs Plätzen, über dessen Benutzung seit
einigen Jahren zwischen einem Freiherrlich von Crailsheimschen Forstbeamten und den
Mitgliedern der Kirchengemeinde Mißhelligkeiten bestehen. Die Freiherrlich von Crails-
heimsche Gutsherrschaft ließ deshalb im August 1907 an das Bezirksamt Gerolzhofen den
Antrag stellen, die Kirchenverwaltung für verpflichtet zu erklären, das Recht der Patronats-
herrschaft auf ausschließliche Benutzung des Kirchenstandes anzuerkennen. Zur Begründung
des Antrags ist unter anderem bemerkt, die Verpflichtung der Freiherrlich von Crails-
heimschen Guts= und Patronatsherrschaft zur Tragung der Kirchenbaulast sei zwar durch
einen am 13. März 1878 notariell beurkundeten Vertrag abgelöst worden, dies habe aber
nicht den Wegfall des gesamten Patronatsrechts mit Einschluß des auf diesem beruhenden
Kirchenstuhlrechts zur Folge gehabt. Auf dem Patronate ruhten noch jetzt Lasten, ins-
besondere die der Besoldung des Pfarrers und des Mesners. Das Kirchenstuhlrecht sei ein
seit unvordenklicher Zeit hergebrachtes, durch die bayerische Verfassung gewährleistetes, als
Gegenleistung für die Erfüllung der mit dem Patronatsrechte verbundenen Verpflichtungen
begründetes Realrecht, mit dem die Kirche belastet ist. Die über den Antrag vernommene
*) Ausgegeben zu München, den 26. Juni 1909.