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die Entscheidung zuständig und deshalb verpflichtet, auf das einzugehen, was die Kläger in
dieser Beziehung vorbringen. Zuzugeben sei, daß das Kirchenstuhlrecht auf einem Erwerbs-
titel des bürgerlichen Rechtes beruhen kann und daß es möglich ist, seine Entstehung auf
unvordenkliche Verjährung zurückzuführen (Entsch. des Reichsgerichts in Zivils. Bd. 7
S. 136; Samml. v. Entsch. des Verw.GH. Bd. 12 S. 547, Bd. 25 S. 282).
Eine auf das bürgerliche Recht gestützte Rechtsausübung habe aber nicht stattgefunden. Da
die Familie der Freiherren von Crailsheim von altersher und offenbar in Verbindung
mit ihrer früheren Souveränität das Patronatsrecht besaß und ihr auf Grund dieses Rechtes
das Ehrenrecht des Kirchenstuhls zustand, sei es ausgeschlossen, daß sie bei dessen Benützung
den Willen hatte, ein Zivilrecht auszuüben, zumal die Kläger gar nicht behaupten, daß das
Kirchenstuhlrecht mit ihrem Grundbesitze zu Altenschönbach in Verbindung stehe und dessen
Zubehör sei. Erwerbung des Rechtes durch unvordenkliche Ersitzung nach den Vorschriften
des bürgerlichen Rechtes sei daher ausgeschlossen; die Klage müsse deshalb auch aus diesem
Gesichtspunkt als nicht begründet erachtet werden.
Sowohl dieses Urteil als der Beschluß des Bezirksamts vom 23. September 1907
ist rechtskräftig geworden. Der Vertreter der Kläger stellte darauf bei dem Landgerichte
Würzburg schriftlich den Antrag, daß der Gerichtshof für Kompetenzkonflikte entscheide, ob
die Zuständigkeit der Gerichte oder die der Verwaltung begründet ist. Das Gericht teilte
den Antrag der Beklagten und dem Bezirksamte Gerolzhofen mit und legte nach dem
Ablaufe der für die Einreichung von Denkschriften bestimmten Frist die Akten vor; Denk-
schriften sind nicht eingereicht worden. Zu dem für die öffentliche Sitzung des Gerichts-
hofs bestimmten Termine wurden die Parteien geladen; erschienen ist von ihnen niemand.
Der Berichterstatter hielt einen Vortrag über die bisherigen Verhandlungen und verlas dabei
die wichtigeren Aktenstücke. Der Generalstaatsanwalt stellte sodann den Antrag, den Rechts-
weg für unzulässig zu erklären. Zu dessen Begründung führte er aus, das Kirchenstuhlrecht
bilde einen „immateriellen“ Teil des Patronatsrechts und die Zuständigkeit der bürgerlichen
Gerichte könne nur in Ansehung der „materiellen“ Teile seines Inhalts, z. B. des Rechtes
der Präsentation, als begründet angesehen werden.
Die für die Beantwortung der Frage, ob die Entscheidung über einen Rechtsanspruch
nach dessen Wesen zur Zuständigkeit der Gerichte oder zu der der Verwaltungsbehörden
gehört, erforderliche Grundlage ist, wie in der Rechtslehre und in der Rechtsprechung fest-
steht, in den vom Kläger zur Begründung seines Anspruchs behaupteten Tatsachen zu suchen.
Diese sind aus dem gesamten Vorbringen des Klägers zu entnehmen, gleichviel ob es vor
der Verwaltungsbehörde oder vor dem Gerichte stattgefunden hat, und ob einzelne Be-
hauptungen erst im Verlaufe der Verhandlungen zur Erwiderung auf die Erklärung des
Beklagten aufgestellt worden sind. Ohne Belang ist, unter welche rechtliche Gesichtspunkte