Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1909. (36)

Nr. 5. 75 
Frist ein, oder ergibt sich ein sonstiges Ablieferungshindernis, so hat die Bestimmungs- 
station unverzüglich den Absender durch die Versandstation von der Ursache des Hindernisses 
zu benachrichtigen und seine Anweisung einzuholen (vergleiche auch § 73 Abs. (6)). Der 
Absender kann im Frachtbriefe vorschreiben, daß er auf seine Kosten unmittelbar telegraphisch 
oder durch die Post benachrichtigt werde; er ist in diesem Falle unter den im Tarife fest- 
zusetzenden Bedingungen berechtigt, seine Anweisung gleichfalls unmittelbar an die Bestim- 
mungsstation zu richten. Der Absender kann unter den im Tarife festzusetzenden Bedingungen 
im Frachtbrief auch vorschreiben, daß ihm das Gut bei Eintritt eines Ablieferungshinder- 
nisses ohne vorherige Benachrichtigung zurückgeschick werde. Sonst darf das Gut nur 
zurückgeschickt werden, wenn es der Absender infolge der Benachrichtigung verlangt. 
(2) Hat der Empfänger die Annahme des Gutes verweigert und ist der Absender 
von dem Hindernisse benachrichtigt, so darf das Gut nur mit seiner Zustimmung nach- 
träglich abgeliefert werden. In allen übrigen Fällen wird das Gut dem nachträglich zur 
Annahme bereiten Empfänger abgeliefert, wenn nicht inzwischen eine andere Verfügung 
des Absenders auf der Bestimmungsstation eingetroffen ist. 
(3) Ist die Benachrichtigung des Absenders nicht tunlich oder ist der Absender mit 
der Erteilung der Anweisung säumig oder ist die Anweisung nicht ausführbar, so hat die 
Eisenbahn das Gut auf Gefahr und Kosten des Absenders auf Lager zu nehmen; sie hat 
in diesem Falle für die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns einzustehen. Die Eisenbahn 
ist jedoch auch berechtigt, unanbringliche Güter unter Nachnahme der darauf lastenden Kosten 
und Auslagen bei einem Spediteur oder in einem öffentlichen Lagerhause für Rechnung und 
Gefahr des Verfügungsberechtigten zu hinterlegen. 
(4) Die Eisenbahn ist ferner berechtigt: 
a) Güter, die nicht abgeliefert werden können, wenn sie schnellem Verderben unter- 
liegen oder nach den örtlichen Verhältnissen weder einem Spediteur übergeben 
noch eingelagert werden können, sofort, 
b) Güter, die nicht abgeliefert werden können und die vom Absender nicht zurück- 
genommen werden, 4 Wochen nach Ablauf der lagerzinsfreien Zeit, wenn aber ihr 
Wert durch längeres Lagern unverhältnismäßig vermindert würde oder wenn die 
Lagerkosten in keinem Verhältnisse zum Werte des Gutes stehen würden, schon früher 
ohne Förmlichkeit bestmöglich zu verkaufen. Von dem bevorstehendem Verkaufe sind der 
Absender und der Empfänger zu benachrichtigen, es sei denn, daß dies untunlich ist. Die 
Eisenbahn kann, wenn sie den Verkauf selbst vornimmt, außer den baren Auslagen eine 
im Tarife festzusetzende Gebühr erheben. 
(5) Von der Hinterlegung und vom erfolgten Verkaufe des Gutes hat die Eisenbahn 
den Absender und den Empfänger unverzüglich zu benachrichtigen, es sei denn, daß dies
	        
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